Freitag, 21. November 2025

Lederrock statt Lederhandschuhen

Vor mindestens 3, wenn nicht sogar 4 Jahren, habe ich auf dem Stoffmarkt Holland, wo es einen Lederstand gibt, ein größeres Stück dünneres Leder gekauft. Keine Handschuhqualität, aber doch so, dass es für Handschuhe geeignet schien. Ich wollte mir gerne Handschuhe nähen, die weit bis zum Ellenbogen reichen. Lt. dem Lederhändler hatte mein Stück Rockgröße. Ein Weinrot, das ein wenig ins Bräunliche geht, d.h. bei Tageslicht Rot, bei Kunstlicht leicht Braun. Das habe ich aber erst zuhause festgestellt. Ich habe noch einen anderen Stoff, der zuhause nicht mehr Rot war, sondern eher Braun wirkte, aber das ist ein anderes Thema.

Voller Elan habe ich damals die Größe bestimmt, ein Schnittmuster aus einem Handschuhnähbuch kopiert und einen Probehandschuh genäht: aus einem haptisch ähnlichen Stoff mit ähnlicher Dicke. Was für ein Fail! Was für eine Fisselbarbeit! Dann viele Handstiche, sehr exaktes Arbeiten gefordert! Nein, das war so gar nicht meins. Also landete das Leder wieder im Schrank. Immer mal wieder angefasst, ausgemessen, wird es eine Tasche, reicht es für den schönen Rock, den Carola diesen Herbst vorstellte? Alles Fehlanzeige.

Aber da das Leder wirklich zu den ältesten "Stoffen" in meinem Schrank gehört und mir bei der Recherche oft Leder begegnete (übrigens auch interessante Oberteile) ging es los, ein ganz schlichter Rock sollte es werden, für mehr hätte das Stück auch nicht gereicht. Ich habe ebenfalls Teilungsnähte in die Mitte genäht, denn ohne diese wäre der Rock sehr kurz geworden. 

Unten meine Inspiration:


Und nun zum Ergebnis:







Von hinten knittert der Rock leider sehr, so ist das Leben nach 3 Stunden auf dem Stuhl:



Da man Ledernähte nicht flachbügeln kann, habe ich alle Nähte beidseitig abgesteppt, siehe Detailfoto unten. Der Saum ist abgesteppt, der Reißverschluss doppelt gesteppt, ich hatte nicht genug Material, um noch einen Innenbund zu nähen, daher habe ich oben ganz schmal umgeklappt und umgesteppt, damit das Futter nicht herausschaut. Da ich sicher niemals etwas trage, was ich in den Rock hinein stecke, kann ich mit der etwas unsauberen Lösung leben.

Ursprünglich habe ich mit einer Ledernadel angefangen zu nähen: entweder diese einzige Nadel, die mir noch nicht gebrochen ist, war zu dick oder das Leder eben doch sehr viel feiner als alle bisherigen Leder, die ich vernäht habe. Die Naht war total unsauber, fiel fast auseinander, Unter- und Oberfaden verbanden sich nicht. Ich bin dann zu einer Jeansnadel umgeschwenkt, was funktioniert hat.

Ich habe wirklich versucht das Maximum an Länge herauszuholen. Leider habe ich kein Foto davon, wie ich die selbst konstruierten Bleistiftrockstücke aufgelegt habe, aber glaubt mir, es passte so gerade.

Leder hat zwar keinen Strich, aber offiziell soll man es schon in einer Richtung auflegen, in Wuchsrichtung. Vor langer Zeit recherchiert und nie beachtet.

Ich bin ganz zufrieden mit dem sehr schlichten Rock. Durch das Material hat er doch etwas Besonderes. Im Endeffekt ist die Farbe schön herbstlich und vermutlich trage ich den Rock genauso oft wie ich Handschuhe tragen würde.

Einen Makel habe beim Sitzen in der U-Bahn bemerkt. An einer Stelle, siehe Foto, schimmert die Strumpfhose durch, da sind zwei kleine Löcher in einer Linie, wo mal ein Faltenbruch oder ähnliches war (auf dem Foto ganz links etwas oberhalb des Saums erkennbar). Habe ich weder beim Kauf noch beim Zuschnitt gemerkt. Ich hoffe nun, dass die Löcher erstmal nicht größer werden bzw. sich nicht miteinander verbinden.



Zusammenfassung: 

Zeitaufwand: Ich habe eine ganze Woche jeden Abend etwa 2 Stunden an dem Rock gearbeitet, Schnittkonstruktion, Zuschnitt planen, Futterrock und Rock nähen, Reißverschluss einigermaßen ordentlich einsetzen. Alle Nähte umkleben und steppen. Eine Menge Zeit für einen einfachen Bleistiftrock. Das Material lässt grüßen.

Schwierigkeitsgrad: einfach, die Konstruktion eines Rockes ist keine große Sache, selbst konstruiert passt er dann auch, das Einnähen des Reißverschlusses in der gekrümmten Seitennaht etwas tricky, nachdem ich die richtige Nadel hatte, funktionierte auch das Zusammennähen gut.

Kosten: Futterrest von Annette Görtz, 2 Euro, Reißverschluss aus der Karstadt Auflösung, 1 Euro, Leder vom Stoffmarkt: 60 oder 70 Euro, erinnere es nicht mehr genau.

Herbstliche Grüße

Anja






Montag, 17. November 2025

Catwalk: The Art of the Fashion Show - im Vitra Design Museum in Weil am Rhein

Mein Bruder lebt in Freiburg, ich fahre generell gerne nach Baden. Und auch wenn sich sonst niemand in seiner Familie für Design interessiert, schaue ich immer, was im Vitra Museum gerade geboten wird. Mal abgesehen davon, dass der ganze Campus ein wunderbares Ausflugsziel ist, ständig neue kleine Gebäude entstehen, es ein schönes Café gibt und die Umgebung zum Wandern in den Weinbergen einlädt. Im Übrigen kann man von dort auch sehr schön nach Riehen (Fondation Beyeler) oder bis zum Badischen Bahnhof in Basel laufen.

Nun also: diese Ausstellung.


Um den Tag zu komplettieren, habe ich noch einen Workshop gebucht. Das Ticket für die Ausstellung hätte 16 Euro gekostet, der Workshop mit Ausstellungsbesuch 20 Euro. Überhaupt fand ich das gesamte Beiprogramm ziemlich cool. Leider für mich zu weit weg, um mehr Termine wahrzunehmen.

Die Ausstellung blickt auf etwa 100 Jahre zurück: Worth mit ersten Präsentationen für Kundinnen, Lucille mit aufwändigeren Shows, Chanel, die ihre Spiegeltreppe geschickt nutzte. Über alle Epochen liefen raumhohe Videos und zusätzlich kleine Monitore, die man mit Kopfhörer nutzen konnte. Die Filmdauer lag zwischen 2 und 20 Minuten. Viel anzuschauen, ich habe mich auf Fragmente beschränkt, weil ich nicht soviel Zeit eingeplant hatte.

Es gab Eintrittskarten (manchmal waren stattdessen auch Objekte verwendet worden, gerade später, als die Shows aufwändiger wurden), Skizzenbücher, Stuhlmodelle, Menüreihenfolgen, Architekturmodelle von Räumlichkeiten, natürlich auch vereinzelt besondere Kleidungsstücke.

Auf dem Tuch von Dior unten sind die Stühle, auf denen damals die Kundinnen Platz nahmen, gedruckt. Es handelt sich um besonders schmale Stühle, damit viele Gäste in den kleinen Atelierräumen sitzen konnten.




Oben Farbpaletten mit Modellen von Balenciaga, anhand dieser Karten wurden die Modelle in den Raum geschickt, sie bildeten in der Frühzeit die Reihenfolge ab.

Anhand der Videos konnte man wunderbar verfolgen, wie sich der Charakter von einfachem ruhigen Schreiten und exakter Präsentation der Modelle in kleinen Ateliers mit einem Conferencier, dann in größer werdenden Sälen, über mehr Bewegung mit klassischer Musikbegleitung, ganz viel wilden Tanz in Boutiquen und Diskotheken (60er Jahre) hin zu den heute üblichen Fashion Shows während der Fashion Weeks an immer entfernteren oder mindestens besonderen oder skurrilen Orten (Chinesische Mauer, Glasstege auf der Fontana di Trevi, Lagerhallen in Vororten von Paris, Grand Palais) mit opulenter Dekoration verändert hat. Es war auch eine Zeitgeschichte der Mode, von der Haute Couture zum Pret-a-Porter.

So wie sich die Mode im letzten Jahrhundert verändert hat, unten Metallkleider von Paco Rabanne, deren Präsentation auf dem Laufsteg sichtlich schwierig war. Ebenso bei Victor&Rolf und anderen Designern, deren Namen ich noch nie gehört hatte.





Als Langvideos gab es Shows von Chanel, hier wurden Accessoires präsentiert. Außerdem sah man, mit welchem unglaublichen Aufwand der Grand Palais innen verändert wurde. Passende Deko, passende Musik (Rocket Man während eine fiktive Rakete startet). Der Zusammenhang zwischen Kleidungsstücken und Showambiente war gering aus meiner Sicht. Es gab immer die gleichen Tweedsachen von Chanel, nur die Accessoires waren an das Ambiente (unten Supermarkt) angepasst. Die milchtütenförmigen Taschen wird es vermutlich nie im Laden gegeben haben.



Auf architektonische Elemente bei Kleidung wurde auch Bezug genommen. Leider habe ich vergessen, von wem das Oberteil unten ist.



Oben ein Pullover, der während der Show angezogen wurde, die Anleitung jeweils daneben, es gab dann mehrere Varianten, wie man ihn tragen kann.

Politik in der Mode, unten Bezüge zum Europaparlament, Kleidung in Europablau und/oder Anzüge, die Politiker so wirklich tragen, die Show entlang eines dem Parlament ähnlichen Saals. Auch wurden Videos der Klimakatastrophenshows (Überflutung, Schneesturm) gezeigt. War das Gucci, ich weiß nicht mehr. Sehr eindrucksvoll, wenn auch die Mode total im Hintergrund stand, bei den Schneesturmshows war eigentlich nichts erkennbar.


Ja, und um 14 Uhr startete dann meine Lecture Class: The Art the Image: Photography and Styling. Es handelte sich mehr um einen Workshop für Studenten, 3 Masterstudenten führten kurz anhand einer semi Powerpoint Präsentation in das Thema ein, insbesondere wurde auf einen britischen Underground Designer verwiesen, dessen Namen ich leider auch schon vergessen habe. Sein Styling ist extrem exzentrisch. Die Gesichter erinnerten an Karneval. 

Danach wurden wir in Gruppen eingeteilt und alle anderen "erwachsenen" Besucher, außer mir noch 3 Herren, die vermutlich auch über die Ausschreibung auf der Website auf die Lecture gestoßen sind, merkten, dass das nicht das war, was sie erwarteteten. Oder der Style doch sehr abwegig war.

Ich habe noch eine Weile beim Schminken zugeschaut, beim Perücken und Hutdinger drapieren, es gab auch viele Glitzer, Plastik und sonstige Teile, die man oben herum anziehen konnte. Für den Abschluss war ein Shooting in einer Photo Box geplant.





Oben ein paar Anregungen, wie wir uns stylen und später posen könnten.

Ich habe es dann vorgezogen, noch im Hellen zum Bahnhof zu gehen. Es war dennoch interessant. allerdings frage ich mich schon, was all diese Bachelor- und Mastermodestudenten später für Mode kreieren. Nicht für meine Generation. Oder sie werden in Jobs landen, wo sie Geld verdienen, aber kaum ihre Träume ausleben können. Aber das ist ein anderer Diskurs.

Auf bald, Anja


Mittwoch, 5. November 2025

Celine - Phoebe Philo - Tabard aus der Resort Collection 2016 - nachgenäht

Über die Seite Archive Dot auf Instagram oder so ähnlich, wo Sachen aus älteren Kollektionen von Celine/Phoebe Philo verkauft werden, bin ich auf mein zuletzt genähtes Kleid gestoßen und auch auf dieses interessante Kleidungsstück, für das ich den letzten Rest des Stoffes von Annette Görtz verwendet habe.

Ich hatte mir ein paar Screenshots gemacht, oben eine kleine Zusammenstellung. Später habe ich dann gezielt gesucht, mir fehlte eine Bezeichnung, was das eigentlich ist: kein Pullunder, kein Kleid, kein Poncho .... so kam ich auf eine andere Seite, in der eben jenes Kleidungsstück in Grün abgebildet war, beide entstammen der Resort Collection 2016 und heißen Thabard oder Tabard oder Tappert oder auf Deutsch Wappenrock. Stimmt, an so etwas erinnert das Teil. Bei Celine werden noch die Cut-outs erwähnt, es sind aber keine Cut-outs, sondern es wird eindeutig geknöpft.

Das Schnittmuster ist sehr einfach. Mein Problem war die Stoffbreite, denn ich bekam nicht beide Stücke mit angeschnittenen Knopf-/Knopflochriegeln nebeneinander auf meinen Stoffrest (es ist der Rest von Kleid/Jacke, nur habe ich die andere, die graue Stoffseite verwendet). Also entschied ich mich, die Riegel separat zuzuschneiden und anzunähen. Gerne hätte ich alles gedoppelt, aber nur der rückwärtige Riegel ist gedoppelt, für alles andere hatte ich nicht genug Stoff. Ein echtes Resteprojekt. Gerade noch genug, um für die Paspelknopflöcher Wendestücke zuzuschneiden.


In meiner Konstruktion waren ein paar Denkfehler: besser hätte ich die Riegel unter der rechten Seite angenäht, damit wären die Nähte weniger sichtbar gewesen. Und noch besser hätte ich die Knopfteile auf die hinteren Riegel genäht, wie im Original. Bei mir schaute man von vorne auf die Öffnung. Ich habe aber keine Lust, alles nochmal aufzutrennen. Dann kam mir der Gedanke, dass ich das Kleidungsstück einfach drehe und Hinter- und Vorderteil tausche. Die Schnittteile sind identisch. Ich habe lediglich den Halsausschnitt vorne weiter aufgeschnitten und gesäumt (das aufgenähte Label wurde abgetrennt und auf die neue hintere Mitte platziert). So geht es.

Ich muss sowieso schauen, wie und wann ich das Teil anziehen kann. Es wird ausschließlich mit Hosen getragen, scheint mir. Wichtig ist auch eine Kontrastfarbe. Jeans habe ich, wären geeignet, sind für mich aber nur in der Freizeit eine Option. Gut wärmen tut der Tabard in jedem Fall.

Einen ersten Versuch habe ich mit der blauen Cordhose und dem dunkelblauen Rolli gestartet. Ein noch größerer Kontrast wäre noch besser, damit man die Cut-Outs richtig sieht.

Der Text des Labels, das Tina selbst gemacht hat und uns allen zum Nähdelstreffen in Frankfurt mitgebracht hat, lautet: Wunderbar. Frankfurt 2025. Danke nochmal an dieser Stelle.




Der Tabard wärmt gut, passt zum Glück unter einen sehr übergroßen von meinem Vater übernommenen Wintermantel und jetzt brauche ich eigentlich weitere einfarbige Hosen. Nein, so ist nicht die Idee. Aber ich trage ihn und habe bereits Komplimente bekommen.

Gezeigt beim Me Made Mittwoch im November, einem Monat, in dem das Kleidungsstück gerne getragen wird, Lagenlook ist einfach super. Weitere Kombinationen stehen noch vor dem Ausprobieren.

Zusammenfassung:

Schwierigkeitsgrad: die größte Schwierigkeit war die Denkleistung hinsichtlich meiner eingeschränkten Stoffmenge und ob das überhaupt Sinn gibt oder für den Mülleimer ist. Zu gerne hätte ich alle Riegel gedoppelt. Zu gerne hätte ich es an einem Stück zugeschnitten.

Zeitaufwand: 4 Tage, jeden Abend, zzgl. Handstiche für 6 Paspelknopflöcher und 4 Knöpfe

Kosten: keine, Stoffrest, für den ich sonst keine Verwendung gehabt hätte, Garn, Knöpfe aus dem Bestand. Und es ist wirklich max. ein Stück 20 x 30 cm übrig geblieben.

Viele Grüße

Anja