Sonntag, 18. Dezember 2022

WKSA - Finale mit Hose und Kleid

Die Stepphose ist bereits seit geraumer Zeit fertig und konnte mehrfach Probe getragen werden. Es gab schon im vorhinein  Fragen, wie sie sich trägt. Sie knirscht nicht, ist ungemein bequem, schneeregenfest, ohne lange Unterhose haptisch innen wie eine mit Taft gefütterte Hose, mit langer Unterhose wie eine Skihose.

Fotos habe ich drinnen mit dem Handy gemacht, einerseits war das Licht draußen usseliger als drinnen, andererseits hatte ich wenig Lust, bei Temperaturen knapp um und über dem Gefrierpunkt, den Mantel auszuziehen. Ihr seht die Hose mit den vorne nachträglich aufgesetzten Taschen mit den Schrägbandeinfassungen, auf die ich im nachhinein gerne verzichtet hätte.


Getragen wird sie mit langen Pullovern bzw. Sweatshirts, insofern sieht man nur das untere Schrägband. Am besten passen meine schwarzen Oberteile dazu. Ich besitze 2 Paar schwarze Stiefeletten, die sind perfekt für die Füße. Manteltechnisch sieht es etwas mau aus: mein anthrazitfarbener Wintermantel ist super, die graue Kurzjacke geht optisch auch (allerdings im Winter nicht warm genug), bei Schnee habe ich letzte Woche meine hellblaue Skisteppjacke angehabt, gefiel mir nicht, aber bei -7 Grad angenehm warm.


Die Rückansicht mit den nicht gut aneinandergesetzten Teilen. Wie beim letzten Termin berichtet, zu spät gemerkt, dass ich da was hätte beachten müssen.

Nun zum Kleid, das festlicher nicht sein könnte:

Was ich warum im Vergleich zum Schnittmuster (Vogue 2903) geändert habe, habe ich bereits letzte Woche geschrieben. In der Version ohne Pullover ist es im Winter nicht tragbar, mit dem flauschigen Pullover quasi wie ein Rock hat es aber auch das Potential absolut festtauglich zu sein. In der Dezemberburda wurde auch ein festliches ärmelloses Kleid vorgestellt, das in der Winterversion mit Pullover getragen wird.

Ich sehe das Kleid aber tatsächlich eher als Sommerkleid. Mir schwebt im Sommer ein Besuch der Bayreuther Festspiele vor. Auch wenn ich keine Karte bekomme (was durchaus möglich ist), kann ich mit dem Kleid vermutlich problemlos durch die Stadt und im Park rund um das Festspielhaus flanieren. Für das Frankfurter Theater und die Oper wäre ich damit vollkommen overdressed. Und solange es das WG-Zimmer in Bayreuth für mich zum Übernachten gibt, kann ich es jedes Jahr neu mit der Karte probieren.

Der Vollständigkeit halber noch die Rückansicht. Ups, der kleine V-Ausschnitt hinten ist leider nicht mit auf dem Selbstauslöserbild:


Und dann schaue ich mal, was die anderen Damen beim Finale des WKSA auf dem Me Made Mittwoch Blog zeigen.

Viele Grüße und frohe Feiertage, Anja

Review nach ca. 2 Jahren:

Wer hätte das gedacht: das Kleid wurde 2 x zur Opernpremiere Bayreuther Festspiele im Kino und 2 x direkt bei den Bayreuther Festspielen getragen. Dann auch Weihnachten und 1 oder 2 x im Theater in Frankfurt. So soll es sein. Und im nächsten Jahr (2025) wird es sicher wieder zu besonderen Anlässen angezogen werden.

Die Stepphose ist der Knüller schlechthin. Warm, gemütlich, drinnen wie draußen. Sehr oft in der Freizeit getragen, auch zum Schlittenfahren, sozusagen der Ersatz für meine Winterwanderhose, aber auch stadtfein an besonders kalten Tagen.

Sonntag, 11. Dezember 2022

WKSA 2022 - Zwischenstand - beides fertig!

 Ich habe die Hose fertig genäht. Da liegt sie nun (und wurde auch schon 2 oder 3 Mal draußen getragen). Vorab schon mal: ich ziehe die Hose gerne an!


Bevor ich den Steppstoff zugeschnitten habe, habe ich mich informiert, was es zu berücksichtigen gibt: größere Nahtzugabe als üblich, Zuschnitt verriegeln und dann versäubern, Nähte ggf. mit Schrägband einfassen, nicht bügeln, keine Stecknadeln, Microtexnadeln verwenden, nicht Auftrennen, beim Nähen dehnen, damit die Füllung nicht verschoben wird usw.

Zugeschnitten habe ich eine einfache Hose, quasi wie meine Pyjamahosen, nach dem Grundschnitt mit sehr hohem Bund, den ich später umklappen wollte, um ein breites Gummi einzuziehen. Außerdem habe ich Nahttaschen und riesige Mengen an Schrägband zugeschnitten.

Hinterher habe ich gemerkt, dass ich beim Zuschnitt auf das Muster hätte achten müssen, es passt nun vorn und hinten nicht ordentlich aneinander. Bei gemusterten Stoffen achte ich darauf, hier bilden die gesteppten Nähte das Muster. 

Was mir hingegen auffiel war, dass auf der linken Stoffseite (die genauso sein soll wie die rechte Seite) an 3 oder 4 Stellen Fäden gezogen waren, an einer Stelle ganz schlimm, so wie wenn der Unterfaden spinnt. Bei einer Hose für innen o.k., für eine Jacke hätte mir das nicht gefallen. Eigentlich hätte der Stoff, ich erinnere, ein original Fibremood Stoff, als 2. Wahl oder fehlerhaft gekennzeichnet sein müssen. Oder muss man vor dem Zuschneiden bei Steppstoffen die linke Stoffseite gründlich inspizieren? Da der Stoff nicht ganz billig war, finde ich solche Fehler enttäuschend. 

Auf die schadhaften Stellen habe ich beim Zuschnitt geachtet, eine kleine Stelle war auch außen, leider - aufgrund meiner knapp bemessenen Stoffmenge (1,20 m) - konnte ich sie nicht umschneiden. Ich kann also original Fibremood Stoffe nicht wirklich empfehlen (auch wenn sie dauernd von irgemdwem empfohlen werden). Ich war sogar extra in einem Laden, bei Online Bestellung besteht ja überhaupt keine Möglichkeit, sowas zu reklamieren. Dummerweise wäre ich bei einem Stoff nicht auf die Idee eines Mangels gekommen (aufgrund einer zurückliegenden schlechten Erfahrung im Elektronikbereich bin ich derzeit für sowas total sensibilisiert).


Dann ging es ans Nähen, das war tatsächlich tricky, die Füllung verschob sich, ich konnte nicht viel dagegen machen. Da die Felder auch unregelmäßiger waren als bei einem einfachen Steppstoff, der in Reihen gesteppt ist, wusste ich nicht, wohin ich die Füllung schieben sollte. Aber es hielt sich im Rahmen. Es ist kein Meister vom Himmel gefallen, wie ein Sprichwort sagt. Fröhlich habe ich die Seitennähte gesteppt und leider die Nahttaschen vergessen. Auftrennen soll man ja nicht, da liegen sie nun, kann man irgendwann für etwas anderes verwenden. Dann weiter zusammengenäht. Sitzt ganz gut, sieht aber bei der Anprobe monoton aus, also habe ich mir für nachträglich aufgesetzte Taschen entschieden. 

Da ich gerade dabei war, den Saum unten und oben mit Schrägband zu ummanteln, kam mir der Gedanke, das Band auch als Hingucker bei den Taschen zu verwenden. Es war alles etwas fummelig einzunähen, weil die Hose ja schon zusammengesetzt war, aber es ließ sich machen. Schlussendlich noch der Gummizug oben und die Säume unten auf die richtige Länge bringen. Fertig.

Bin ich zufrieden? Hmm. Technisch habe ich mein Bestes gegeben. Das Design mit den grünen Streifen an den aufgesetzten Taschen geht so, vielleicht wäre eine klare Linie doch besser gewesen. Wegen der Löcher, die die Nadel in den Stoff setzt, kann ich die Schrägstreifen leider nicht mehr abmachen. Die Hose ist wirklich superwarm, trägt sich angenehm, auch wenn sie ein wenig merkwürdig für eine Stadthose aussieht. Es ist eben eine Daunenhose, erinnert an eine Skihose und eigentlich könnte sie das auch sein. Aber eine Skihose der schöneren Art. Die Farbe ist auch anders als alles, was mir tagtäglich an Stepper auf der Straße begegnet. Auch wenn es schönere knalligere Farben gibt. Ich habe mich mit der Farbe arrangiert.

Die Hose wird mir sicher bei der weihnachtlichen Waldwanderung und noch bei vielen anderen Winterwanderungen gute Dienste leisten. Nochmal sowas nähen, eher nein, es sei denn, der ultimaltive Steppstoff hinsichtlich der Farbe läuft mir über den Weg. Dann weiß ich wenigstens, was ich anders mache und wo ich noch einen Tick sorgfältiger arbeite. Dass man Steppstoff nicht nur als Jacke und als Mantel tragen kann, habe ich letztes Wochenende beim Besuch des MoMu in Antwerpen gesehen und gleich fotografiert. Erstmal reicht mir jedoch eine Hose.

Verlinkt beim 3. Treffen des WKSA beim Me Made Mittwochs Blog. Und weiter geht es mit dem Kleid. Tatsächlich, unterschiedlicher können beide Projekte nicht sein:


Das Kleid hängt auf dem Kleiderbügel - es ist mittlerweile ebenfalls vollendet. 

Ich habe gemerkt, als ich mit dem Zuschnitt beginnen wollte, dass ich doch 1 m weniger Stoff als notwendig gewesen wäre, habe. Irgendwie mit viel Trickserei, dem Weglassen einer halben Kellerfalte an jedem der 4 sehr weiten Rockteilen und der groben Nichtbeachtung des Fadenlaufs bei allen möglichen Kleinteilen, auch den Ärmeln, ist es mir dennoch gelungen, alle Schnittmusterteile auf dem Stoff zu platzieren und zuzuschneiden. Da der Stoff sowieso sehr viel Stand hat, scheint die Nichtbeachtung des Fadenlaufs auch keine sichtbaren Auswirkungen zu haben. 

Bei der ersten Anprobe war alles zu weit (ich hatte ja großzügig zugegeben, da eine zu kleine Größe ausgeschnitten war). Da der Schnitt 2 Seitennähte, 2 Mittelnähte und weitere 4 Prinzessnähte zwischen Seite und Mitte hat, war es leicht, das Kleid an Brust und Taille anzupassen. Dabei bemerkte ich auch, dass ich den Reißverschluss getrost weglassen kann. Nachteilig war/ist, dass die Schultern zur Seite rutschten. Das Problem wurde hier so gelöst. Ich wollte dann aber erstmal den Yoke, der auf dem Foto unten liegt, und die Ärmel einarbeiten. Das wird etwas anders als üblich gemacht, vielleicht hält es die Schulter, so mein Gedanke.

Die Anleitung ist an einigen Stellen nicht wirklich schlüssig und erst durch die Recherche in mehreren Blogs (2010 - 2014 wurde das Kleid mehrfach in der englischsprachigen Community genäht) und ein Video, das versprach, den Prozess von Vogue 2903 zu erklären, wurde mir die Konstruktion von Yoke, Ärmeln, Facing und Kleid klar. Die Anprobe mit den zusammen gesteckten Teilen gefiel mir überhaupt nicht. Ich fand die "besondere" Optik auch nicht schön, Vermutlich mag ich lieber klare, schlichte Schnitte. 

Ich habe dann eine Nacht vor der Weiterverarbeitung vergehen lassen (teils schlaflos) und mich erneut dem Prozess gewidmet. Erstmal wurden die Schultern tiefer gezogen, was den Ausschnitt auch verkleinerte, die etwas kleinen Armlöcher habe ich dann unten verbreitert, die recht engen Ärmel weggeschmissen, der Yoke liegt noch zusammengenäht herum, er ist nicht am Kleid befestigt. Ich könnte ihn über dem Ausschnitt tragen, aber will ich das, wahrscheinlicher ist, dass ich ihn auch wegwerfe. 

Mein fertiges Kleid gefällt mir gut, es ist allerdings nur zum Teil das Ursprungsmodell. Und überhaupt nicht für wenig geheizte Innenräume geeignet. Ich habe allerdings schon eine Idee, wo und wann ich es im Sommer anziehen werde. 

Der Stoff ließ sich zwar gut verarbeiten, allerdings zog er ständig Fäden und fusselte ungemein. Da ich innen viele nur mit Zickzack versäuberte Nähte habe, sieht es innen entsprechend unordentlich aus. Das ist mir jetzt egal, Hauptsache, es ist fertig. 

Winterliche Grüße, Anja


Mittwoch, 7. Dezember 2022

Me made Mittwoch Dezember in einer Indoor-/Outdoor-Jacke

Bei der AnNäherung in Wiesbaden Mitte November, über die ich hier berichtet habe, war ich sehr fleißig. Diese beiden fertigen Sachen habe ich schon hier und hier vorgestellt, eine weitere Hose ist eher fürs Frühjahr und ich zeige sie dann.

Unter anderem wollte ich bereits seit geraumer Zeit einen meiner beiden Karowollstoffe, die ich Anfang des Jahres aus der Restetruhe von Anita Pavani Naturstoffe bestellt hatte, vernähen. Bei beiden Stoffen handelt es sich um schwere 100 %ige Wolle aus Italien mit einem sehr angenehmen Griff, Mantelqualität, nicht kratzig wie ich finde. Von diesem schwarz-weiß-roten gleichmäßigen Karo hatte ich ca. 2,50 m, von dem anderen Karo habe ich etwa 2,80 m, die sind für einen Mantel reserviert. Sehr cool wäre es auch gewesen, beide Stoffe zu einem Mantel zu mixen, aber für ein derartiges Experiment brauche ich noch Bedenkzeit.

Angesichts der Temperaturen, die jetzt teils auch in Innenräumen, Kinos, Museen herrschen, kam ich auf die Idee, meine gern getragene Jeans-Manteljacke zu kopieren, aus Wolle, winterfest. Für drinnen und draußen oder einfach beides, wenn sich Innen- und Außentemperaturen kaum unterscheiden. In der Verlinkung findet ihr eine Beschreibung und meine Inspirationsquelle.

Der Schnitt lag ausgeschnitten bereit, die Größe passte, ich habe die Anzahl der Schnitteile reduziert und sämtliche Teilungsnähte weggelassen. Allerdings habe ich die Rückenpasse und die Taschen im schrägen Fadenlauf zugeschnitten, um das Karo zur Geltung zu bringen. Und die Ärmel verlängert, auf halbe Unterarmlänge. Angesichts der Optik wurde dort am fertigen Modell wieder gekürzt. Ich habe noch überlegt, ob ich Druckknöpfe einnähe, aber die braucht es für meinen Einsatzzweck nicht. Mit einem Bindegürtel gefällt mir der Look auch nicht.


Der Kragen kann geklappt oder hoch gelegt getragen werden. Die Manteljacke passt zu vielen, sehr vielen meiner Kleidungsstücke und ersetzt im Prinzip einen dicke Strickjacke oder einen Oversize Wollpullover, wenn es kalt ist. Die großen Taschen sind draußen perfekt, um Schlüssel, Handy, Portemonnaie zu verstauen.





Für die Fotos oben habe ich eine graue Voguehose angezogen, unten einmal ein Latzkleid aus La mia Boutique und ein Lopapeysa Strickkleid. Da ich inzwischen im Schrank einige Sachen in schwarz, grau und rot habe, aber auch Jeans geht, sind die Einsatzmöglichkeiten vielfältig.




Präsentiert beim Me made Mittwoch im Dezember und wirklich gern getragen. Endlose Kombinationsmöglichkeiten habe ich noch im Kopf. Sehr gemütlich und warm. Einmal habe ich die Manteljacke unter einen weiteren Mantel gequetscht (schwierig, aber machbar), weil ich zu einer Abendveranstaltung musste, wo es beim letzten Mal sehr frisch war.

Ich kann mir eine derartige Indoorjacke auch noch prima aus leichtem Fellimitiat vorstellen oder aus dünnem Stepp oder dickem Boucle. Jeder Stoff wirkt anders.

Liebe Grüße, Anja




Sonntag, 4. Dezember 2022

Kurztrip nach Antwerpen - Wiedereröffnung des MoMu

Als mein Mann vor mehreren Jahren mehrmals in Belgien war und mich fragte, ob ich mit will, recherchierte ich ein wenig und stellte fest, in Antwerpen gibt es ein ziemlich gutes Modemuseum. Allerdings befand es sich zu dem Zeitpunkt im Umbau und sollte letzten Winter wieder eröffnet werden. Es wurde dann wiedereröffnet und noch einmal für mehrere Monate geschlossen. Diesen Oktober fand dann die hoffentlich endgültige Wiedereröffnung statt.

Das Museum gibt es schon etwa 100 Jahre. An vielen Orten wurden früher Kostüme und Trachten gesammelt. Richtig interessant für "moderne" Mode wurde das Museum aber erst als in den 80er Jahren die Antwerp Six, also 6 junge DesignerInnen (allen bekannt sind sicher Demeulemaster, Bikkembergs, van Noten, Margiela), die an der Royal Academy of Fine Arts in Antwerpen Mode studiert hatten, berühmt wurden. Die Sammlung wurde aufgestockt. Nicht nur um Werke der Belgier, auch der 2. und mittlerweile 3. Generation der Antwerpener Modedesigner, sondern auch um Werke der Modehäuser, in denen die Designer gearbeitet haben. Der Modemarkt hat sich für Designer dieser 2. und 3. Generation radikal verändert (Fast Fashion als Stichwort), so dass sie sich oft Arbeitsmöglichkeiten suchen mussten, die nicht mit einem eigenen Label verbunden waren. Gleichzeitig standen die großen Modehäuser durch Nachfolgeprobleme (und einem Wirtschaften, dass die Veränderungen der Welt nicht genug berücksichtigte) vor Krisen, die sie mit neuen jungen Designern lösen wollten (bekannt ist vor allem Raf Simons bei Dior).

Antwerpen ist in Teilen eine prächtige, pompöse Stadt, gleichzeitig aber auch an vielen Ecken verunstaltet. Zu meinem nicht so positiven Eindruck vom Stadtbild hat sicher auch das nasskalte Wetter beigetragen und eine Touristenmasse, die ich so (eine Woche vor Eröffnung eines Weihnachtsmarktes) nicht erwartet hätte. Aber mein Besuch gestern (die Bahnfahrt hat perfekt geklappt, es sind knapp 4 Stunden mit einem Umstieg in Brüssel) diente auch weniger der Stadt als dem Modemuseum und dem Fashion Quartier, in dem sich das Museum befindet. Die meisten Menschen fahren nicht deswegen nach Antwerpen.

Im Fashion Quartier gibt es noch einige zauberhafte Läden von bekannten Designern, alteingesessene Handschuhmacher, coole Vintageläden und wenige lokale Modelabels. Mitten drin ist das MoMu. Es bietet auch Rundgänge zur Historie der Mode in Antwerpen (vor allem der Antwerp Six) an, die sind leider nur auf Holländisch. Im Museum sind aber alle Tafeln auf Holländisch, Französisch und Englisch. Es gibt auch eine kostenlose App zum Herunterladen, ich habe mir Teile davon auf der Rückfahrt angehört, es geht eher um allgemeine Dinge, nicht um die einzelnen wie damals in Bonn.

Ich habe angefangen mit der Dauerausstellung, die mir auch am besten gefiel, sie hätte gerne noch etwas größer sein können. Und die Beleuchtung heller, aber das Problem kennt man ja aus anderen Textilausstellungen. Gewöhnungsbedürftig war die "Beschilderung" der Objekte, die in großen Vitrinen ausgestellt waren. Nicht an der Vitrine, sondern an der Wand im Rücken des Betrachters, standen die Designer und das Jahr der Kollektion. Wirklich sehr besucherunfreundlich, weil man sich ständig umdrehen musste.

Die Dauerausstellung, die wechseln wird, begann mit dem Thema Handwerk. Ich nahm gleich das Modell von Minju Kim Herbst/Winter 20/21wahr. Wo ich doch gerade eine (Weihnachts-) Hose aus Stepper genäht habe. So neu ist die Verwendung von Steppstoff für anderes als Winterjacken doch nicht. Die Antwerp Six haben sich auf hochwertige Verarbeitung und/oder Verwendung von von hochwertigen Materialien fokussiert.


Surrealismus lautete das Oberthema einer weiteren Vitrine: Hier Hüte von Stephen Jones Herbst/Winter 10/11 bzw. 17/18 (ich hoffe, der Toast mit Erdnussbutter ist erkennbar).


Das weiße Herrenhemd in Verfremdung wurde von einigen der eher klassisch orientierten Designer gerne als Grundlage für ihre Kollektion genommen. Es ging nicht um Upcycling, aber theoretisch ist das möglich. Einige Vorschläge sprachen mich sehr an, aber wann soll man das alles anziehen?


Die zweite Ausstellung beschäftigte sich mit dem Thema Von 2D zu 3D und dann auch wie 3D präsentiert wird, an der Puppe ohne Bewegung, am Avatar in Bewegung. Dazu haben Kuratoren und Studenten (auch aus London) 6 "klassische" Kleider von bekannten Designern (Halson, Balenciaga, Vionnet usw.) zerlegt. All diese Stücke eint, dass das beim Zerlegen entstandene Schnittmuster extrem simpel war, aber oft besondere Stoffe (80 m Tüll in einem Fall) oder geschickte Drapierung das Modell auszeichneten. Das Schnittmuster dieses Kleides von Rei Kawakubo ist ein ganz langes Stück Stoff (geht nach rechts noch gut 6 m weiter), durch einige Nähte und Wickeln wird daraus ein Kleid, dass man unterschiedlich tragen kann und in der Bewegung immer wieder anders interessant "fliegt".


Die dritte Ausstellung "Mirror Mirror" handelt vom Selbstbild und Fremdbild desjenigen, der Mode trägt. Erwartet hatte ich irgendwas zu Bodypositivity oder so, auch viel Text, vielleicht neigen aber auch wir in Deutschland dazu, dem Thema viel Text beizumessen. Aber es war ganz anders. Aus meiner Sicht hätte man dahingehend - auch im Kontext der muslimischen, afrikanischen usw. Mode noch mehr aus der Ausstellung heraus holen können. Dennoch fand ich den Blickwinkel interessant. Im ersten Teil wurden Kleidungsstücke gezeigt, die anders waren, als das, was meist auf dem Laufsteg präsentiert wird.


Bei diesen Kleidern geht es darum, dass sich die Trägerin mehr Raum nimmt, ausladende Stoffe, Verarbeitung, Verbreiterung des Mantels unten usw. führen automatisch zu mehr Größe, mehr Sichtbarkeit. 


Die Kollektion von Margiela war in Räumen der Heilsarmee in Paris präsentiert worden. Das Publikum saß zwischen Second Hand Kleidern. Die eng geschnittenen und anliegenden Shirts und Leggings wurden umhüllt von Plastikfolien, die üblicherweise von Reinigungen verwendet werden. Sie dienen der Verfremdung der Kleidung, gleichzeitig geben sie der Trägerin weiteren Raum, sie sollen auch dazu beitragen die Frage zu schmaler Taille und engen Hüften neu zu stellen. 


Rei Kawakubo hat in ihrer Kollektion The Body Meets Dress, Dress Meets Body im Frühling/Sommer 97 den weiblichen Körper durch zusätzliche Polster an ungewöhnlichen Stellen verfremdet und dadurch vom klassischen Körperbild abgelenkt.


Im zweiten Teil der Ausstellung wurde stärker der Blickwinkel, also das Selbstbild einzelner Designer, präsentiert. Ein Highlight für mich die Barbiepuppen, die Margiela im Alter von 13 Jahren heimlich eingekleidet hat. Er hat ihnen auch die Haare (als Sohn eines Friseurs) passend zur Kleidung gefärbt. Das Jacket war von Yves Saint Laurent inspiriert, er war damals bereits der Meinung, dass er sowas auch kann. Weiße Kontrastnähte und übergroße Druckknöpfe erinnern an seine späteren Arbeiten im Maison Martin Magiela.


Diesen pinken Look hat Margielas Großmutter für ihn, inspiriert von Cardin, kreiert. Die passende Haarfarbe hat Margiela ergänzt.


Sehr spannend und sehr umfassend war die Bibliothek im oberen Geschoss des Museums, ihr glaubt nicht, welche Vielfalt an Zeitschriften und Büchern dort verfügbar war. In einem hinteren Raum arbeiteten Studenten an ihren Werken. Diverse Outfits waren verhüllt, wie gerne hätte ich einen Blick unter die Laken geworfen.



Das war ein toller Besuch an einem ansonsten trüben Dezembertag. Schade, dass man oft reisen muss, andererseits ist es auch schön, eine andere Stadt zumindest ein wenig anzuschauen. Als zum Black Friday lauter günstige Flugangebote der BA bei mir aufpoppten war ich versucht, demnächst einen Trip nach London ins V&A zu machen, ich bin nicht in Versuchung geraten.

Viele Grüße
Anja