Samstag, 19. November 2022

Leder vernähen

 Nach dem Besuch im Ledermuseum und den vielen Informationen, die ich dort während der NähFrauenReise im Mai gesammelt habe, wollte ich mir unbedingt nochmal eine Tasche aus Echtleder nähen. Aus meinem ersten Versuch vor etlichen Jahren wurde eine optisch schöne, noch etwas dilettantisch vernähte und leider aufgrund des fehlenden Reißverschlusses und der nicht wirklich optimalen Henkellänge wenig getragene Tasche. Sie ist in der Verlinkung gezeigt, aber ich habe sie anscheinend nie separat verbloggt. Damals habe ich türkisblaues Nubukleder verwendet, gab es auf dem Stoffmarkt bei Regenwetter am Ende sehr stark reduziert. 

Bevor ich neues Leder kaufen wollte, sichtete ich Schnittmuster. Es geht eben nicht alles, weil meine Maschine zwar Leder gut mit einer entsprechenden Ledernadel vernäht, aber bei kräftigem Leder bei 4 Schichten eine Grenze hinsichtlich des Zwischenraums zwischen Füßchen und Material erreicht ist. D.h. es musste ein Schnittmuster her, wo niemals 4 Lagen aufeinander treffen, bei rechts auf rechts vernähten Nähten heißt das, dass es keine Stelle gibt, wo diese Nähte wiederum aufeinander treffen und miteinander vernäht werden. 

Ich habe mich für eine Reproduktion der bereits mehrfach genähten und sehr gern getragenen Heldinnentasche entschieden. Das goldene Kunstleder fiel aus allen Nähten, die petrolfarbene Tasche war auch nicht mehr schön. Mit den Schnittmusterteilen bin ich dann Anfang Juni zu dem Stand auf dem Stoffmarkt gegangen, der verschiedene Lederstücke verkaufte. Ich habe mir 2 größere unregelmäßige Stücke, eins mit einem Loch in der Mitte, gekauft. Es handelt sich um ein relativ festes Rindleder, zur Provenienz, insbesondere zur Gerbung konnte der nette Verkäufer leider nichts sagen. Er akzeptierte leider keine Kartenzahlung, hatte aber soviel Vertrauen zu mir, dass er mir das Leder mitgab und mich bat, es später zu überweisen. 50 Euro habe ich für die Stücke bezahlt.

Die Heldinnentasche habe ich letztes Wochenende bei der AnNäherung Süd genäht. Ich habe ziemlich geflucht, nicht weil es mit dem Leder nicht klappte, sondern weil ich die deutsche Anleitung an mehreren Stellen nicht mehr verstanden habe. Glücklicherweise hatte jemand eine englische Anleitung gespeichert, die hatte mehr Bilder und trug zur Klärung meiner Fragen bei. Reißverschluss, Innenleben, alles easy, an den Absteppungen bin ich gescheitert (wie auch damals bereits beim Kunstleder, aber diesmal habe ich es bei dem äußeren Bogen erst gar nicht versucht), ein paar gerissene Unterfäden weiter, waren alle Teile aneinander genäht. Beim Annähen des Gurtbandes habe ich auf ein Einklappen des Leders oben verzichtet. Überhaupt hätte ich an einigen Stellen einfach die Schnittkante also links auf rechts legen können. Aber jede Naht hinterlässt Löcher, trennen und neu nähen geht nicht, jede Naht muss sitzen. Herausgekommen ist eine tragbare Tasche mit leicht sichtbaren Mängeln auf der Rückseite. Da die Rückseite immer dem Körper zugewandt ist, ist mir das (fast) egal.






Für das Futter habe ich wunderbaren Waxprint verwendet, von Jule Futterstoff für den Tauschtisch gespendet. Der Reißverschluss ist aus dem Werksverkauf von Dorothee Schumacher, sehr tolle Qualität.

Und weil ich noch Leder übrig hatte, auch einen weiteren Reißverschluss und Kleinteile aus Metall von alten Taschen, habe ich aus den Resten noch eine einfache Crossover Bag aus einem Buch genäht. Der Schnitt heißt Jane, leider weiß ich nicht mehr aus welchem Buch. 2 Schnittteile, 2 Abnäher, Reißverschluss, Waxprint Futter, Gurtband, ganz schnell fertig. Sie beult ein bisschen, ich denke, wenn was drin ist, wirft es nicht so eine Falte vorn.




Es sind immer noch Lederteile (auch Waxprint für das Futter) da. Als nächstes werde ich das Trifold Portemonnaie aus dem zweiten Buch von Lisa Lam in Angriff nehmen. Vermutlich könnte ich aus den Lederresten sogar noch 3 Portemonnaies nähen, aber ich will es ja nicht übertreiben.


Zusammenfassend würde ich sagen, Leder lässt sich super vernähen, sofern man einige Regeln beachtet, dazu gibt es im Internet diverse Hinweise, einfach mal googeln. Ich werde auf jeden Fall noch weitere Projekte in Angriff nehmen. Echtes Leder ist sehr viel langlebiger, fühlt sich angenehmer an und sieht besser aus als Kunstleder. Ich hoffe natürlich auch, lange etwas von den Taschen zu haben, aber ich kann ja notfalls selbst flicken. Beide Lederstücke haben mich 50 Euro gekostet. Einzig habe ich nicht die Laufrichtung beim Zuschnitt beachtet, ich hoffe, dass nichts reißt.

Grüße, Anja

P.S. Und das Trifold Wallet ist schon fertig, ging schnell und einfach, wenn man der Anleitung genau folgte, es ist noch Luft nach oben, schon wieder haben mir 3 Lagen Leder übereinander einen Strich durch die Rechnung mit dem sauberen Absteppen gemacht. Da hilft es nur, Schnitte mehrfach zu nähen und im Fall von Leder eine Futterschicht z. B. wegzulassen.










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