Mittwoch, 23. Juni 2021

Dress Code in der Bundeskunsthalle Bonn

Letztes Wochenende bin ich spontan (insbesondere um der großen Hitze auszuweichen) in klimatisierten Zügen in ein klimatisiertes Museum gefahren. Über Piek&Fein wurde ich auf die Ausstellung aufmerksam. Und es hat sich so gelohnt! Es war die beste Modeausstellung, die ich seit sehr, sehr langer Zeit gesehen habe, unbedingt empfehlenswert. Es war außerdem sehr leer, die Eintrittskarten inkludieren den ÖPNV und der (nichtklimatisierte) Telekom Express vom Fernbahnhof Siegburg/Bonn (erreichbar in einer Stunde von Frankfurt) hält quasi vor der Tür des Museums.

Auf der Startseite zur Ausstellung gibt es einen kleinen Übersichtsfilm, auf einer App zur Bundeskunsthalle kann man sich die digitale Führung anhören. Das geht - glaube ich - auch, ohne dass man die Ausstellung besucht. Die Objekte sind hochkarätig, die Bereiche vielfältig, der Aufbau großzügig und übersichtlich, dazu viele, fast zu viele Fotos und das Fashion Lab, wo man ausprobieren kann, sich virtuell oder wie eine Anziehpuppe Kleidungsstücke probieren kann. Man muss sich wirklich Zeit nehmen, ich war hinterher fast ein wenig erschlagen von all den Eindrücken.

Mit Uniformen, klassisch, aber auch weniger klassisch, begann der Rundgang:


Es folgte ein Ausblick in die Kleidung der Arbeiter, die Jeans und das, was heute daraus gemacht wird, außerdem Bikerjacken, stark verfremdet (auch die rote Jacke ist eine Bikerjacke von Watanabe):


Anleihen von Militär (Trench und Camouflage) setzten die Ausstellung fort, es folgte die Arbeitsuniform der Damen, Kostüme in vielen Variationen:


Festliche Mode:


Ein Kapitel über Marken, Logos und deren Bedeutung in der heutigen Zeit:


Durch eine Art Bullauge ein Rückblick zu den Herrenanzügen (und einigen identischen Damenanzügen):


Besonders gut gefiel mir der Abschnitt Mode und Kunst bzw. Kunst in der Mode, hier das Mondrian Kleid von YSL und Drucke von "ich weiß leider nicht mehr wem"


Das Arcimboldokleid, gemischt mit niederländischen Meistern von Watanabe:


Und letztendlich mein Lieblingsrock, Watanabe hat eine Kollektion in Kooperation mit Marimekko gemacht, es gibt sie auch online komplett zu sehen, sehr toll. Schade, dass der Marimekkoladen bei mir um die Ecke mit sensationellen Stoffsales im ersten Lockdown geschlossen hat. Da würde ich gerne einige Teile nacharbeiten.


Ich bin immer noch inspiriert von den vielen schönen Sachen, die ich gesehen habe und habe große Lust bekommen, weitere Ausstellungen zu besuchen bzw. zu nähen. 

Viele Grüße, Anja

Dienstag, 22. Juni 2021

Abiballkleid zum Abigrillfest

Mein Kind ist mit der Schule fertig und in etwa solange, wie mein Kind zur Schule gegangen ist, nähe ich jetzt. Mit Beginn der Grundschulzeit vor 12 Jahren habe ich arbeitstechnisch sehr deutlich mein Pensum reduziert und nach einer gewissen Orientierung angefangen, Kindersachen zu nähen. Damals erschien gerade das englischsprachige Buch von Farbenmix "Sewing Clothes Kids Love", ich war begeistert, die Grundschullehrerinnen meiner Tochter auch, meine Tochter hat die Sachen angezogen (Hose Dortje, Kleid Feliz, Rock Insa, alles irgendwie bunt, gerüscht, verziert, ich habe tolle Erinnerungen an diese Kleidungsstücke), zum Glück hat sich der eigene Wille, insbesondere der nach identischer Kleidung wie alle anderen Mädchen, erst in der weiterführenden Schule herausgebildet, ich konnte mich also fast 4 Jahre auf einer bunten Nähspielwiese austoben.

Irgendwann entstanden Sachen für mich, erst auch bunt, sogar mit Farbenmix Webband verziert, dann entwickelte sich ein Stil, der irgendwo zwischen den Businesssachen, die ich früher getragen habe und dem bunten Freizeitlook aus meiner Frühzeit des Nähens liegt, der aber auch Änderungen unterworfen ist.

Darum geht es hier nicht. Seit ein paar Jahren darf ich gerne wieder für die Tochter nähen, allerdings sucht sie im Internet nach einer Vorlage (das ist üblicherweise kein Schnittmuster, sondern ein Foto), die ich dann in einer Farbe bzw. einem Stoff ihrer Wahl passgenau umsetzen darf. Das ist eine ganz andere Herausforderung als für mich selbst ein Schnittmuster zu vernähen. Dabei ist sie ziemlich pingelig, nicht was die Verarbeitung angeht (ein Glück!), sondern was die Optik des fertigen Kleidungsstücks und die Passform angeht.

Für das Schulabschlusskleid lagen 3 Stoffe im Depot, außerdem hatte ich sogar mal 2 Schnittmuster ihrer Wahl bei Vogue bestellt. Da lange wegen der Pandemie nicht klar war, ob es überhaupt einen Anlass geben wird, habe ich nicht weiter nach Stoffen oder Schnitten geschaut, sondern abgewartet. Vor 2 Wochen wurde bekannt gegeben, dass es ein Fest mit Dresscode Abendkleidung geben wird.

Der Geschmack von vor 1,5 Jahren (als ich die Schnitte aus den USA mitbestellt habe) hat sich geändert, es sollte nun die Kopie eines Kleides von Jason Wu sein, allerdings mit kleinerem Ausschnitt und hinten ganz ohne Ausschnitt. Ein schlichtes Kleid, einfach umzusetzen, grüner Seidentaft (2,20 m) vom Stapel bei Karstadt eignete sich perfekt, etwas mehr Stoff wäre sicher gut gewesen, aber mit Stückeln machbar.

Ich habe einen einfachen Bahnenrock konstruiert, etwas schwierig war es, die richtige Länge zu definieren und den Saum gleichmäßig zu nähen. Dass das Oberteil gedoppelt wird, war eigentlich klar, aber die Stoffmenge gab das nicht her, ich stand vor der Entscheidung, anders zu füttern, nur Belege zu konstruieren oder soviel wie vorhanden innen einzunähen, habe mich für die letzte Lösung entschieden und außerdem Stoffstücke zusammen genäht, damit es einigermaßen reicht. Es reichte auch noch für ein Haarband, aber mehr nicht.

Für das Oberteil habe ich einen einfachen ärmellosen La Mia Boutique Kleiderschnitt genommen, mit Abnähern, die Brust musste nach oben verlegt werden, außerdem etwas verkleinert, Hohlkreuzanpassung - und als der Reißverschluss hinten eingesteckt war, saß das Ganze besser als bei der Anprobe vor dem Füttern und dem Einnähen des Reißverschlusses. Voila!




Die Saumlänge wird natürlich eigentlich mit dem endgültigen Schuhwerk bestimmt. Hier gibt es keine neuen Schuhe, sondern es werden flache vorhandene Sandalen mit so ein bisschen Perlengedöns auf dem Fuß getragen. Meine Tochter hätte gerne Riemchensandalen gekauft, alle, die ihr gefielen, hatten so einen Absatz mit ca. 10 cm, die von uns erlaubte Maximalhöhe lag bei ca. 6 cm (in dieser Höhe gibt es allerdings nur "Omamodelle"), außerdem sah sie dann ein, dass es unter Nachhaltigkeitsaspekten Blödsinn ist, Schuhe zu kaufen, die man selten bis nie anzieht. Der sogenannte Abiball ist eine  Gartenparty ohne Tanzen (verboten wegen Pandemie) auf einer Wiese am Mainufer, da sind flache Schuhe sowieso besser.

Getragen sah das Kleid dann so aus, geht wunderbar mit flachen Schuhen:


Viele Grüße, Anja

Mittwoch, 2. Juni 2021

Me Made Mittwoch - Vogue 9112

Fast hätte ich angefangen, auf Englisch zu schreiben, so nah ist der Me Made May noch. Am letzten Tag war es endlich sommerlich und ich hatte Gelegenheit mein relativ neues noch nicht getragenes Kleid aus Waxprint vom Online Nähtreffen mit Muriel und Chrissy anzuziehen. So habe ich etwas Neues, das ich am Me Made Mittwoch zeigen kann. Im Vergleich zu der ersten Version dieses Kleides (das ich bedauerlicherweise noch gar nicht getragen habe - außer zu Fotografieren) habe  ich den Saum weiter nach unten verlegt, etwa 7 oder 8 cm, genau erinnere ich mich nicht mehr. Das führte dazu, dass an einigen Teilen innen viel Stoff war, weil die Schnittteile ja alle irgendwie gebogen sind. Aber man sieht das Innenleben ja nicht.


Den Fake Waxprint habe ich extrem günstig in Paris erstanden, vor mindestens 2 Jahren. Fake deshalb, weil er nur einseitig bedruckt ist und doppelt breit lag, aber die Haptik entspricht Waxprint, etwas steif also, reine Baumwolle (in einem Afrikaladen habe ich tatsächlich mal Waxprint aus Polygemisch erstanden und es erst hinterher gemerkt).


Ich mag den Schnitt seit ich ihn das erste Mal gesehen habe, ich kann mir noch viele verschiedene Versionen aus unterschiedlichen Stoffen vorstellen. Das Zuschneiden und Nähen kostet etwas Zeit, aber das Ergebnis ist einfach toll. Diesmal habe ich den Kragen übrigens entgegen der Anleitung gedoppelt, das sieht einfach ordentlicher aus. Hier noch die Schnittzeichnung und der Stoff im Detail.


Viele Grüße, Anja