Dienstag, 23. April 2019

Vom Laufsteg in den Kleiderschrank

Meine Tochter wünschte sich eine Paperbag Hose. Ich habe zwar ein Schnittmuster gefunden, sogar kopiert (aus der Burda Easy vom letzten Herbst), aber so richtig überzeugt hat mich der Schnitt nicht. Es handelte sich um eine Gummizughose mit verknotetem Band vorne, recht banal und ich stellte mir vor, dass man das dann immer in Form zuppeln muss. Ein Paperwaistbund muss doch eigentlich in Falten gelegt werden, oder? Ein besseres Schnittmuster ist mir nicht begegnet, also beschloss ich selbst zu machen, aber vorher sollte meine Tochter mir ein Foto der Hose suchen, die sie haben wollte. Das war nicht ganz einfach, denn soviele Paperbag Hosen gab es doch nicht wie sie dachte. Letztendlich meinte sie, diese Hose (Foto unten) soll es sein. Ein Modell von Alberta Ferretti für dieses Frühjahr. Am liebsten in der gleichen Farbe, aber nicht im gleichen Material (die Originalhose enthält Leinen und das war meiner Tochter zu sperrig). Da ich mit Leinen sowieso schlechte Erfahrungen gesammelt habe (Einlaufen!) war ich sehr einverstanden, einen anderen Stoff zu nehmen. Um die richtige Farbe zu finden, haben wir mehr als ein Stoffgeschäft in der Stadt besucht.


Den geeignetsten Stoff gab es dann im ersten Stoffgeschäft, Viscose in einem Grünton, der sehr gewünscht war. Die Viscose fällt leichter und ließ sich schwerer vernähen als die anderen Stoffe, die wir befühlt haben, aber die Farbe stimmte genau. Ich habe dann ein Schnittmuster einer weiten Hose in der Größe meiner Tochter abgewandelt, Falten oben, hinten, Tasche hinein, Länge mit in Falten gelegtem Bund unten, breiter Bund oben, Knöpfe aus dem Bestand statt Druckknöpfen. Aus altem Bettzeug wurden vorher 2 Probehosen genäht, sehr provisorisch, insbesondere um den Fall an der Hüfte in richtige Bahnen zu lenken. Es gibt auch noch eine Falte in Kniehöhe zwischen Vorder- und Hinterhose. Dann wagte ich den Zuschnitt. Eine weitere Herausforderung war der Bund, der passte nämlich nicht, erst zu weit, dann habe ich seitlich einiges weggenommen, dann zu eng (vermutlich wegen der nicht dehnbaren Einlage), dann wieder vorne verlängert, das Ergebnis definiere ich als Stilmittel. Die Knöpfe sind jetzt nicht mittig, aber an einem bestimmten Punkt wollte ich fertig werden. Benötigt wird jetzt noch ein Cropped Shirt / Bluse zum Kombinieren, dafür ist sie gerade mit den Freundinnen Shoppen.


Die Rückansicht nicht ganz identisch, denn die Unterteilung der rückwärtigen Beine habe ich ignoriert.


Fazit: eine luftig, leichte Hose in einer Lieblingsfarbe, die so nicht jeder hat und die sicher gerne in Schule und Freizeit getragen wird.

Viele Grüße, Anja


Sonntag, 21. April 2019

Contemporary Muslim Fashions

Nachdem es bereits vor 2 Jahren im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst eine Modeausstellung über die Designerin Jil Sander gegeben hat, ist seit 2 Wochen eine Ausstellung über Modest Fashion von San Francisco hierher gekommen. Näheres zu der Ausstellung und auch der kontroversen Diskussion im Vorfeld findet man in diversen Presseartikeln von TAZ über FAZ bis zur SZ. Die Diskussion ist ein bisschen an mir vorbei gegangen, denn tatsächlich habe ich eine Modeausstellung erwartet und keine politische Ausstellung. Natürlich hätte man das kombinieren können, aber bei Contemporary Muslim Fashions handelt es sich um eine Ausstellung, die genau so in San Francisco gezeigt wurde, nicht auf deutsche oder europäische Verhältnisse angepasst wurde (wenn man davon absieht, dass einige Exponate von deutschen Designerinnen ergänzt wurden) und bei der die Kuratoren offensichtlich selbst von der Diskussion überrollt wurden. Nun passieren die Besucher eine Sicherheitsschleuse am Eingang, müssen sogar ihre PET -Flaschen abgeben, die Wartezeiten liegen aber im Rahmen. Letztendlich habe ich den Eindruck, dass die Besucherzahlen höher sind als bei irgendeiner anderen Ausstellung. So ist das eben manchmal, wenn viel Wirbel gemacht wird.


Ich konnte vorher mit dem Begriff Modest Fashion wenig anfangen. Dachte dabei auch primär an Kopfbedeckungen. Aber man wird in der Ausstellung eines Besseren belehrt (ohne bewusst belehrt zu werden). Es geht um körperbedeckende Kleidung und kaum um Kopfbedeckungen. Dabei werden die Bereiche Sport, die verschiedenen Kulturen (Asien, Afrika, Arabische Länder), in den man sich modest kleidet, betrachtet, außerdem Einblicke in die repräsentative Kleidung einer Scheichsgattin und viele, viele Fotos vom Streetstyle der Musliminnen von USA über UK und Iran bis Malaysia.


Es gibt ziemlich viele coole Schnitte und interessante Interpretionen zu sehen. Der Überrock oben geschnitten wie ein Herrenhemd z. B. Alle Modelle sind langärmlig, die Beine der Hosen sind oft sehr weit, wie es aber auch der heutigen Mode entspricht. Lagen Look ist verbreitet, die Farben sind mal bunter, mal gedeckter, je nach Anlass. Im Bild unten wertvoll bestickte Festkleidung. Teilweise von großen Labels, die den Modest Markt für sich entdecken und auf dortigen Fashion Weeks spezielle Kollektionen anbieten. Die Umsatzzahlen im Modest Fashion Bereich sind auch nicht ganz ohne. Konkrete Zahlen für Deutschland gab es aber nicht, ich glaube, hier kommt das Thema erst noch. Deutsche Designerinnen wie sind wenig bekannt. Die Vogue hat sich des Themas im letzten Herbst angenommen.

Wie man an den Modellen sieht, gibt es unterschiedliche Interpretationen der Kopfbedeckung, die vielen Varianten der Turbane gefielen mir sehr. Eine ungewöhnliche Variante unten. Je nach religiöser Einstellung kann man variieren. Manche Muslima variiert auch von Tag zu Tag. Hier im Straßenbild in Frankfurt dominiert allerdings der klassische Hijab, also das, was wir meist mit Kopftuch meinen. Aus modischer Sicht schade, finde ich.


Ich persönlich würde viele der Kleidungsstücke selbst tragen. Sie stehen der konventionellen Mode in nichts nach. Am vergangenen Wochenende gab es ergänzend zu der Ausstellung ein kleines Symposium, das die kontroverse Diskussion auffangen sollte und tieferen Einblick in die Ausstellung geben sollte. Ich habe teilgenommen und durch die Vorträge und Gruppendiskussionen hat sich mein Bild der islamischen Frau verändert. Sicherlich haben nur bestimmte Menschen an dem Forum teilgenommen, aber es gibt immer mehrere Seiten einer Medaille. Und ich als völlig unbedarfte Deutsche, die sich eher grün, links, feministisch einordnet und keine Muslima im Freundeskreis hat, habe viel mitgenommen.


Die Ausstellung ist nicht groß, eine Etage, in einer Stunde ist man gut durch gegangen, die Informationen sind sehr klein geschrieben und manchmal würde man sich mehr Text wünschen. Aber für alle die, die sich für Fashion interessieren und schnitttechnisch andere Kleidung anschauen möchten, gibt es etwas zu entdecken. Am letzten Samstag im Monat ist immer freier Eintritt im Museum.

Eine Zusammenfassung des Symposiums soll noch auf der Homepage des MAK veröffentlicht werden, ich habe es bisher nicht gefunden.

Ostergrüße aus Frankfurt

Anja



Montag, 8. April 2019

Boilersuit - ein bisschen nach Burda, ein bisschen abgewandelt

Nach und nach gelingt es mir, die in den letzten Wochen genähten Sachen zu beschreiben.

Dies ist der Boilersuit für meine fast 16-jährige Tochter, inspiriert durch ein Modell von Stella McCartney , jedenfalls ist sie dadurch auf die Idee gekommen, einen Boilersuit zu brauchen. Erstmal wusste ich gar nicht, was ein Boilersuuit ist. Und dann finde ich Overalls ja eher häßlich und unpraktisch. Vielleicht, weil es sie in meiner Jugend gab, z. B. in Orange. Huh! Ich denke, eigentlich ist es kein Boiler-, sondern ein Jumpsuit. Denn das Charakteristische des Boilersuits "lange Ärmel und grober Stoff an einem Overall" trifft nicht zu.

Zuerst habe ich nach gebatiktem Jeansstoff oder Denim mit Batikoptik geschaut, bin aber nicht wirklich fündig geworden. Und zu schwer soll das Material für den Sommer ja auch nicht sein. Dann habe ich mich eines ähnlich anmutenden Stoffes aus meinem Stofflager besonnen.

Da der leicht glänzende, haptisch sehr angenehme und gut fallende Baumwollstoff eher für Sommer und Frühling geeignet ist, habe ich die langen Ärmel gekürzt. Man kann sie jetzt auch noch gut höher krempeln, so dass der Overall an vielen Sommertagen tragbar sein wird. Den mit Fotodruck gestaltenten Stoff habe ich im Stoffoutletverkauf von Annette Görtz in Rheda-Wiedenbrück gekauft. "Das Büro für schöne Dinge", deren Blog es leider nicht mehr gibt, hat aus dem gleichen Stoff ein Hemdblusenkleid genäht. Was Annette Görtz ursprünglich daraus in ihrer Kollektion hatte, weiß ich leider nicht.


Ich hatte 3 m Stoff und die haben ganz genau gereicht. Als Modell habe ich mich beim Hosenteil am Burdaschnitt 106 aus dem Heft Heft 4/2018 orientiert. Größe 38, die Beinlänge um 6 cm gekürzt. Das Oberteil habe ich abweichend gerade in einem Stück zugeschnitten, überschnittene gerade Ärmel daran gebaut, den Kragen wie bei Burda beibehalten, die Knopfleiste auch. Im nachhinein muss ich sagen, ein Reißverschluss wäre erheblich praktischer gewesen. Die Knöpfe sind übrigens auch aus dem Outletverkauf. Sie sind mit Stiel und ich hoffe, dass sie halten. Für den Notfall habe ich noch 2 Ersatzknöpfe. Sicher wären festgenähte Knöpfe besser, aber diese sind sehr hübsch und geben dem Overall noch eine etwas weiblichere Komponente.


Das Nähen verlief problemlos. Ich bin wirklich immer sehr zufrieden mit den Schnittmustern von Burda. Die Markierungen sind sehr klar und passen immer gut, das Durchpausen ist erträglich im Vergleich zu anderen Heften (der Fashion Style z. B.), ich habe nicht riesige Mengen an Papierabfall wie beim Ausdrucken und Ausschneiden und die Modelle sind nicht mehr so schwer zu nähen wie noch zu Zeiten von Dagmar Billy. Und wenn man die Anleitungen liest und wirklich Schritt für Schritt genau befolgt, kommt man zu einem richtigen Ergebnis.


Meine Tochter trug den Boilersuit heute in der Schule und ist damit sehr glücklich ist. Die Farben sind genau die, die sie sich gewünscht hat. Da es die nächsten Tage wieder kühler werden soll, wird sie ihn voraussichtlich erstmal wieder in den Schrank hängen müssen.

Viele Grüße

Anja

Samstag, 6. April 2019

Stylish Dress Book - Modell V

Ich bin mittlerweile im Rückstand mit dem Verbloggen genähter Sachen. Aber heute schaffe ich es, das zuletzt genähte einfache und schnelle Kleid V aus dem Stylish Dress Book (es gibt schon lange auch eine deutsche Übersetzung davon, ich weiß nur gerade nicht, wie der Titel ist) zu zeigen. Aus dem Buch habe ich schon sehr viele Sachen für mich und später auch für meine Tochter genäht. Die Erläuterungen und Bilder sind perfekt. Das Nähniveau ist nicht zu einfach bzw. es gibt Projekte unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades. Eine Zeitlang waren Japanschnitte sehr populär. Vor 5 oder 6 Jahren gab es sogar mal eine Japanschnitt Link Party, ich glaube, die gibt es nicht mehr. Jedenfalls bin ich darüber auf das Buch gestoßen und habe es mir in England gekauft.


Meine Teenagertochter verfolgt diverse Fashion Show Kanäle, hat kürzlich beim Durchblättern der neuen Burda einen Boilersuit entdeckt und damit wieder das Potential des Selbernähens entdeckt. Den Boilersuit hat sie bei Stella McCartney oder Isabell Marant entdeckt, ich weiß auch das nicht mehr genau, es ist auch nicht so wichtig, jedenfalls brauchte sie ganz dringend einen und im Laden gibt es sie hier zumindest noch nicht, jedenfalls nicht so wie sie ihn sich vorstellt.

Dann hat sie eine lange Liste mit Modellen aus diversen Zeitschriften und Büchern für den Sommer erstellt. Die arbeite ich derzeit ab. Demnächst folgen auch Fotos und Texte zu den bereits fertigen Stücken. Ein Vintage Kleid für mich ist auch dabei. Und zur Contemporary Muslim Fashion Ausstellung im MAK in Frankfurt lohnt auch ein Post.

Gerade direkt von der Nähmaschine und dem Bügelbrett gekommen ist das Japankleid V:



Da meine Tochter noch im Reitstall ist, gibt es kein angezogenes Bild, aber wir haben heute Morgen anprobiert, die Länge von Saum und Ärmeln justiert und es passt, es soll ja sowieso locker fallen. Den Baumwollstoff habe ich letztes Jahr in einem der einschlägigen Stoffgeschäfte unterhalb des Montmartre gekauft. Von dem günstigen Coupon ist noch etwas mehr als ein Meter übrig geblieben.

Hier noch ein Detail der Knopfleiste, ich habe mich für kontrastierendes Garn für die Knopflöcher und das Knopfannähen entschieden. Vielleicht bekommt das Kleid noch eine aufgesetzte kleine Tasche auf dem Rockteil, auf der entgegengesetzten Seite wie oben, mal sehen. Das muss ich erst besprechen. Eigentlich werden 6 Knöpfe für das Kleid benötigt und angenäht. Leider habe ich beim Vermessen der Knopflöcher eines zuviel eingeplant (falsch dividiert). Dann habe ich die Knöpfe angenäht und kurz vor Schluss gemerkt, oben fehlt ein blauer Knopf, der ist jetzt schwarz geworden.


Ich verlinke diesen Post bei Sew La La, wo Donnerstag wieder ein Handarbeitsbücherspecial stattfindet. Ich habe einen Klassiker genutzt, aus dem ich schon lange und oft nähe (und für den Sommer ein weiteres Exemplar, Modell F, zugeschnitten habe) .

Ich finde sowieso, dass der Markt für Neuigkeiten im Handarbeits- bzw. Nähsektor zunehmend unübersichtlich wird. Bei Hugendubel und Co liegen die Neuigkeiten der großen Verlage in der Präsentationstheke, im Regal gibt es ein paar weitere Bücher (manchmal ein Buch aus einem kleineren Verlag, vermutlich von einem Kunden bestellt und dann nicht gekauft). Die Inhalte gleichen sich immer mehr und richten sich sehr oft an Nähanfänger. Früher habe ich regelmäßig im Buchladen geschaut, inzwischen lohnt sich das nicht mehr.

Am liebsten stöbere ich in der Zentralbibliothek, wo es wirklich gute und viele Handarbeitsbücher gibt, die teilweise schon ein paar Jahre alt sind oder noch älter und nichts von ihrer Aktualität verloren haben. Die Neuerscheinungen werden mit ein bisschen Zeitverzögerung auch eingearbeitet. Aber iirgendwie habe ich doch das Gefühl richtig viel Neues kommt da nicht.

Viele frühlingshafte Grüße

Anja