Montag, 28. Juli 2025

Seidentaffetta A-Line Kleid

Als ich Ende Mai aus Italien zurück kam, durchblätterte ich online die Juni La mia Boutique, die ich in Deutschland leider nicht mehr im Bahnhof finde (in Mailand habe ich vergessen zu suchen). Sehr gut gefallen hat mir diese unten gezeigte Bluse. Im Übrigen habe ich auch in Mailand in der U-Bahn (da hat man Zeit, sich die gegenüberliegenden und herumstehenden Leute anzugucken) viele Blusen in sehr leichter, dünner Qualität (es war ja auch sehr heiß) gesehen, die sehr schlicht, geradlinig, aber mit irgendeinem Dekozeug vorne waren, keine Schluppen oder Schleifen, sondern andere Elemente. Ein bisschen auch wie in dem japanischen Nähbuch Pattern Magic, von dem es mehrere Bände ins Englische übersetzt gibt.


Da ich bereits mehrere Kleider/Blusen ohne Ärmel habe und ich lieber ein bisschen was über der Schulter habe, auch um Sonnenbrand zu vermeiden, fand ich die Miniärmellösung unten auch sehr schön.

Vernähen wollte ich die ca. 1,50 m Seidentaffetta in grünblau oder blaugrün, je nachdem wie das Licht fällt. Ein Rest, den ich mit 70 % Rabatt gekauft habe. Bei der Suche nach Taffettamodellen, stieß ich auf die Homepage von Katharina Hovman. Dort werden ausschließlich Modelle aus Taffetta angeboten, zeitlos, clean, ganz einfache Schnitte. A-Line gefällt mir sowieso, ein selbst erstelltes Schnittmuster hatte ich noch von einem anderen Kleid. Hinsichtlich der Länge war klar, dass ich aus 1,5 m bei meiner Körpergröße von 1,76 kein wadenlanges Kleid heraus bekomme. Reste wollte ich möglichst auch keine haben, weshalb eine Bluse suboptimal gewesen wäre.

Ich habe erstmal mit Ärmelformen experimentiert, auch mit Längen, bis ich die ideale Form als leichten Flügelärmel zugeschnitten hatte. Ein Miniprobemodell aus Bettlaken habe ich nur für den Ausschnitt und die Ärmelform erstellt. Außerdem habe ich mit den aufzunähenden Teilen experimentiert. Eine Variante wäre auch ein mit wattiertem Innenleben gewesen, aber das Wenden dieses Teils hätte mich bei der zu erwartenden größeren Anzahl überfordert. Ich bin schon eher faul, was Details angeht.

Der Zuschnitt verlief störungsfrei. Allerdings brauchte ich gefühlte Millionen von Probenähten, bis meine Nähmaschine den papierartig superdünnen und feinen Stoff ordentlich nähte. Ich musste sogar die Spulenspannung verstellen. Das musste ich nicht einmal bei dem Organza und bei der letzten Satinseide. Dann ging es an die Festlegung der aufzunähenden Stoffstreifen. Ich habe mich an der Vorlage orientiert, aber ein paar Elemente weniger aufgenäht. Dabei habe ich hin- und herprobiert. Da jeder Nadelstich sichtbar war, habe ich die Teile mit Tesafilm aufgeklebt, die Klammern konnte ich ja schlecht mittig auf dem Stoff platzieren. Aufgenäht habe ich später Pi x Daumen ohne zu stecken.


Überhaupt die Nadelstiche in dem Stoff, ein Drama. Selbst meine vor längerer extra für Seide gekauften superdünnen Stecknadeln hinterließen Löcher. Aber irgendwann waren alle Nähte zusammengenäht. Das Armloch musste ich nach der ersten Anprobe noch ein wenig vergrößern, ich fühlte mich eingeengt. Ggf. führt das dazu, dass der Stoff um die Brust spannt, auf dem Foto sieht es so aus, gespürt habe ich es nicht, im Gegenteil, es ist reichlich Platz und ich kann mich gut bewegen. 


Das Foto oben ist nach einer Zwischenanprobe entstanden, den Saum habe ich mit dem Blindstich genäht, an einigen Stellen etwas schrumpelig, weil durch die Rundung im Saum ein ordentliches Stecken mit dem großen Abstand zur Unterkante an den Seiten nicht möglich war. ein Handnähen hätte viel zu große Löcher hinterlassen, denn ich besaß keine Nadel, die derart fein wie die kleinste Microtexnadel war.

Mir kam dann oder eigentlich schon vorher der Gedanke, dass ich in den genähten Saum einen Gummi einnähen könnte, um die Kante unsichtbarer zu machen. Hier ein Bild der Anprobe, nicht perfekt gerafft, mit Klammern gehalten. Dazu habe ich mich vorher ein wenig mit Balenciaga beschäftigt und mir verschiedene Modelle aus den späten 50er Jahren angeschaut. Schon irgendwie cool und speziell. Aber im Endeffekt war mir das zuviel. Eine Abfrage auf Instagram ergab ein identisches Ergebnis, weswegen ich keinen Gummi eingezogen habe und auch kein Schrägband genäht habe, dass man bei Bedarf hätte ein- und wieder ausziehen können (mit so einem Stopper wie bei Kapuzen). Vermutlich hätte ich das nie genutzt und da habe ich mir diese Zusatzarbeit lieber gespart.


Bisher habe ich das fertige Kleid leider nicht  getragen, es ist für heiße Temperaturen gedacht, die wir zuletzt im Juni hatten, dafür dann wirklich perfekt wie alle dünnen Seidenkleider, so luftig und leicht. Mal sehen, ob es diesen Sommer noch etwas wird.

Zusammenfassung:

Schwierigkeit: der Schnitt, das Tüfteln, alles kein Thema, aber dieser Stoff war sehr empfindlich, sehr sehr sehr empfindlich

Kosten: ca. 1,5 m Seidentaffetta Rest von einer Rolle von New Tess, rabattiert um 70 % und bezahlt habe ich immer noch ca. 50 Euro, also handelt es sich wohl um einen sehr wertvollen Stoff.

Zeit: ich habe 2 Wochen lang immer wieder getestet und ein Wochenende zugeschnitten und genäht, aber natürlich auch noch ein paar andere Sachen gemacht.

Bei einem Spaziergang durch die Goethestraße entdeckte ich Mitte Juli  A-Linien Kleider von Valentino, für round about 3000 Euro, merkwürdige Farbe das eine und merkwürdige Schleifendrappage an beiden. In der ersten Folge der Great British Sewing Bee wurden auch mehrere genäht, überwiegend mit Falten, das war die Aufgabe, sehr schöne Exemplare, aber dafür hätte mein Stoff nicht gereicht und die Folge kam auch zu spät, mein Kleid war schon fertig.



Viele Grüße, Anja


2 Kommentare:

  1. Wenn das nicht mal der Stoff mit dem eigenwilligen changierenden Farbton ist, von dem Du sprachst… Ich hätte nicht erwartet, das Seidentaft sich so schwer verarbeiten lässt. Gut zu wissen. Ich mag die Flügelärmel und den Origami-artigen Ausschnitt Deines Kleides. Passt prima zu dem Papiercharakter des Stoffs. Eigentlich eine witzige Idee, beim GBSB einige Aufgaben mit zu nähen… LG Manuela

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    1. Ich hätte auch nicht gedacht, dass der so schwierig zu nähen ist. Das Kleid war schon lange fertig als die GBSB lief, ich wollte eigentlich sogar mit der Veröffentlichung bis zum Me made Mittwoch warten, weil ich noch echte Tragebeurteilungen in den Post integrieren wollte, aber das Wetter ist ja selbst in der nächsten Woche nicht mehr richtig sommerlich. Aber ich finde die GBSB wirklich inspirierend, wäre eine Idee, sie mal zum Anlass für was Genähtes zu nehmen. Vielleicht kommt bald mal Plissee, ich suche nämlich noch eine Inspiration für einen Plisseestoff, aber keinen Rock, sondern irgendwas Besonderes. LG Anja

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