Ziemlich spontan sind wir letztes Wochenende nach Belgien gefahren, mit dem ICE ist man in etwas über 2 Stunden in Lüttich, von dort ging es weiter nach Löwen, das mein Mann gerne sehen wollte, und ich bin gleich eine Station weiter nach Wezemaal gefahren, von wo ich einen schöner ruhiger Fußweg in das Gewerbegebiet Wingepark genommen habe. In Wingepark befindet sich der Show- und Verkaufsraum von The Fabric Sales, wo ich bereits ein paar Mal bestellt habe und immer sehr zufrieden war was die Qualität betraf. Zwei Mal war ich allerdings mit der Farbe unzufrieden, am Computer wird sie einfach nicht so dargestellt wie sie dann ist.
Der Besuch bei The Fabric Sales hat mich sehr glücklich gemacht. Es war so wundervoll, in allen Stoffen, die ich aus dem Netz kannte oder die ich bereits vernäht gesehen habe, zu stöbern. Ich wollte nichts kaufen, habe dann aber mehrere hochwertige Basicstoffe mitgenommen, für eine Hemdbluse, für Unterziehrollis, das Anfassen der Wolljerseys bzw. Baumwolljerseys ist eine andere Nummer als die Gewichtsangabe im Onlinestore mit einer Qualität in Verbindung zu bringen.
Oben noch ein paar Eindrücke vom Showroom, es war Freitag Vormittag herrlich leer, das Zuschneiden meiner Auswahl hat keine 10 Minuten gedauert und dann bin ich schon wieder mit dem Zug nach Löwen gefahren (es gibt auch einen Stadtbus vom Bahnhof, der halbstündlich bis Rotselaar Rotonde fährt - falls noch jemand anders auf die Idee kommt, dorthin zu gehen).
Am nächsten Tag planten wir, uns Hasselt anzuschauen, der Ort bietet mehr als das Modemuseum, aber natürlich fiel die Auswahl auf Hasselt wegen des Museums.
Zur Zeit läuft dort die Ausstellung "Roccoco Reboot!" - Mode von 1750 bis 1830. Es werden Modekataloge, Originalkleider für Mann und Frau gezeigt, aber es geht auch um die weniger sichtbaren Aspekte der Mode: Waschen, Ankleiden, Unterwäsche, Schminken und Hautpflege. Außerdem werden nicht nur Objekte der Oberschicht gezeigt, sondern auch, was andere Gesellschaftsschichten getragen haben.
Besonders interessant fand ich die Videos, in denen Kostüme aus Filmen (Bridgerton, Marie Antoinette) unter die Lupe genommen wurden und auf ihren Echtheitsgehalt hinsichtlich der Epoche untersucht wurden.
Meine Fotosortierung entspricht nicht dem Rundgang, im Dachgeschoß, quasi am Ende, konnte man sich selbst mit Schnittmustern beschäftigen und 3 nachgearbeitete Modelle anziehen. Sehr interessant, mal einen Rock mit Reifrock drunter zu tragen.
Neben den Originalstücken gab es Erklärungen und Beispiele aus der Gegenwart, die sich an Modellen des Rokoko orientierten - das waren doch viele, hätte ich in der Menge nicht erwartet. Manchmal war es nicht so einfach, vor der Vitrine zu sagen, was ist neu, was ist alt?
Nachdenklich gemacht hat mich das Zitat von Jean-Jacques Rousseau: Frauen haben ein angeborenes Problem mit dem Konsum. Aus der Zeit des Rokoko stammt das Stereotyp der shoppingbesessenen Frau, die auch in Karikaturen verewigt wurde, während sich die Männer langweilten, deren Frauen sich beim Einkauf nicht entscheiden konnten. Doch die komplexe , geschichtete Struktur der Kleidung erfordert viele Schritte und eine hohe Aufmerksamkeit, Materialkenntniss waren notwendig, der Fall, die Lichtreflexion, Farbe und Textur sollten langlebig sein. All diese Aspekte mussten beim Kauf, beim Schneider berücksichtigt werden, schließlich sollte das Kleidungsstück lange getragen und ggf. weiter vererbt werden.
Aufmerksam geworden bin ich auf das Museum durch Manuela von Twill und Heftstich, die dort vor Jahren eine andere Ausstellung gesehen hat. Habe ich jetzt hier einfach mal verlinkt.
Ich fand die Atmosphäre im Gebäude sehr angenehm, der Rundgang war klar und logisch aufgebaut, es gab reichlich, aber nicht zuviel Anschauungsmaterial, eine gute Mischung aus Videos und Erklärtafeln (für uns die deutsche Übersetzung in einem Flyer). Auch meinem Mann, der vorher noch nie in einem Modemuseum war, hat es gefallen, wobei ihn die historische Seite und die Männerkleidung eher ansprachen, mich hingegen die Bezüge zur Gegenwart.
Herbstliche Grüße aus Frankfurt
Anja












Die Ausstellung würde mich auch interessieren, gerade auch der Einfluss historischer Schnittformen, Stickereien u.ä. auf die gegenwärtige Mode…
AntwortenLöschenAch Rousseau. Ich bin wirklich kein Fan von diesem Mann. Bücher über Kinder-/Erziehung schreiben und seine eigenen leiblichen anonym im Waisenhaus abgeben…
Herzlichen Dank fürs virtuelle Mitnehmen und die Erwähnung.
Liebe Grüße Manuela
Das Museum ist wirklich eine Perle und nciht so mainstream wie andere, danke damals für deine Inspiration, lg Anja
LöschenIn 2 Stunden mit dem ICE in Belgien, da bin ich gerade ein bisschen neidisch. The Fabric Sales sollte ich allerdings meiden, mein Stofflager ist gut gefüllt. Aber das Modemuseum klingt super interessant. Und die Ausstellung auch. Den rosa Mantel mit den vielen Krägen/Schuppen meine ich im V&A bereits in einer Ausstellung gesehen zu haben. Apropos V&A, da läuft gerade eine Ausstellung über Marie Antoinette, Rococo allerorten. Bei der von dir vorgestellten Ausstellung finde ich gerade interessant, dass nicht nur die Kleidung der Oberschicht gezeigt wird. Von den unteren Klassen wird allerdings weniger die Zeiten überdauert haben, wurden die Kleidungsstücke doch aufgetragen und vielfach geändert.
AntwortenLöschenLiebe Grüße, heike
Ja, das wurde auch gezeigt und kommentiert und es gab Videos mit Beispielen, wie die Hausmädchen sich gekleidet haben mit den vielen Schichten, auch draußen dann zum Hühner füttern oder so, das war mit nachgestellter Kleidung gezeigt. An die V&A Ausstellung musste ich auch denken und hatte es irgendwie im Kleinen, lg anja
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