Montag, 17. November 2025

Catwalk: The Art of the Fashion Show - im Vitra Design Museum in Weil am Rhein

Mein Bruder lebt in Freiburg, ich fahre generell gerne nach Baden. Und auch wenn sich sonst niemand in seiner Familie für Design interessiert, schaue ich immer, was im Vitra Museum gerade geboten wird. Mal abgesehen davon, dass der ganze Campus ein wunderbares Ausflugsziel ist, ständig neue kleine Gebäude entstehen, es ein schönes Café gibt und die Umgebung zum Wandern in den Weinbergen einlädt. Im Übrigen kann man von dort auch sehr schön nach Riehen (Fondation Beyeler) oder bis zum Badischen Bahnhof in Basel laufen.

Nun also: diese Ausstellung.


Um den Tag zu komplettieren, habe ich noch einen Workshop gebucht. Das Ticket für die Ausstellung hätte 16 Euro gekostet, der Workshop mit Ausstellungsbesuch 20 Euro. Überhaupt fand ich das gesamte Beiprogramm ziemlich cool. Leider für mich zu weit weg, um mehr Termine wahrzunehmen.

Die Ausstellung blickt auf etwa 100 Jahre zurück: Worth mit ersten Präsentationen für Kundinnen, Lucille mit aufwändigeren Shows, Chanel, die ihre Spiegeltreppe geschickt nutzte. Über alle Epochen liefen raumhohe Videos und zusätzlich kleine Monitore, die man mit Kopfhörer nutzen konnte. Die Filmdauer lag zwischen 2 und 20 Minuten. Viel anzuschauen, ich habe mich auf Fragmente beschränkt, weil ich nicht soviel Zeit eingeplant hatte.

Es gab Eintrittskarten (manchmal waren stattdessen auch Objekte verwendet worden, gerade später, als die Shows aufwändiger wurden), Skizzenbücher, Stuhlmodelle, Menüreihenfolgen, Architekturmodelle von Räumlichkeiten, natürlich auch vereinzelt besondere Kleidungsstücke.

Auf dem Tuch von Dior unten sind die Stühle, auf denen damals die Kundinnen Platz nahmen, gedruckt. Es handelt sich um besonders schmale Stühle, damit viele Gäste in den kleinen Atelierräumen sitzen konnten.




Oben Farbpaletten mit Modellen von Balenciaga, anhand dieser Karten wurden die Modelle in den Raum geschickt, sie bildeten in der Frühzeit die Reihenfolge ab.

Anhand der Videos konnte man wunderbar verfolgen, wie sich der Charakter von einfachem ruhigen Schreiten und exakter Präsentation der Modelle in kleinen Ateliers mit einem Conferencier, dann in größer werdenden Sälen, über mehr Bewegung mit klassischer Musikbegleitung, ganz viel wilden Tanz in Boutiquen und Diskotheken (60er Jahre) hin zu den heute üblichen Fashion Shows während der Fashion Weeks an immer entfernteren oder mindestens besonderen oder skurrilen Orten (Chinesische Mauer, Glasstege auf der Fontana di Trevi, Lagerhallen in Vororten von Paris, Grand Palais) mit opulenter Dekoration verändert hat. Es war auch eine Zeitgeschichte der Mode, von der Haute Couture zum Pret-a-Porter.

So wie sich die Mode im letzten Jahrhundert verändert hat, unten Metallkleider von Paco Rabanne, deren Präsentation auf dem Laufsteg sichtlich schwierig war. Ebenso bei Victor&Rolf und anderen Designern, deren Namen ich noch nie gehört hatte.





Als Langvideos gab es Shows von Chanel, hier wurden Accessoires präsentiert. Außerdem sah man, mit welchem unglaublichen Aufwand der Grand Palais innen verändert wurde. Passende Deko, passende Musik (Rocket Man während eine fiktive Rakete startet). Der Zusammenhang zwischen Kleidungsstücken und Showambiente war gering aus meiner Sicht. Es gab immer die gleichen Tweedsachen von Chanel, nur die Accessoires waren an das Ambiente (unten Supermarkt) angepasst. Die milchtütenförmigen Taschen wird es vermutlich nie im Laden gegeben haben.



Auf architektonische Elemente bei Kleidung wurde auch Bezug genommen. Leider habe ich vergessen, von wem das Oberteil unten ist.



Oben ein Pullover, der während der Show angezogen wurde, die Anleitung jeweils daneben, es gab dann mehrere Varianten, wie man ihn tragen kann.

Politik in der Mode, unten Bezüge zum Europaparlament, Kleidung in Europablau und/oder Anzüge, die Politiker so wirklich tragen, die Show entlang eines dem Parlament ähnlichen Saals. Auch wurden Videos der Klimakatastrophenshows (Überflutung, Schneesturm) gezeigt. War das Gucci, ich weiß nicht mehr. Sehr eindrucksvoll, wenn auch die Mode total im Hintergrund stand, bei den Schneesturmshows war eigentlich nichts erkennbar.


Ja, und um 14 Uhr startete dann meine Lecture Class: The Art the Image: Photography and Styling. Es handelte sich mehr um einen Workshop für Studenten, 3 Masterstudenten führten kurz anhand einer semi Powerpoint Präsentation in das Thema ein, insbesondere wurde auf einen britischen Underground Designer verwiesen, dessen Namen ich leider auch schon vergessen habe. Sein Styling ist extrem exzentrisch. Die Gesichter erinnerten an Karneval. 

Danach wurden wir in Gruppen eingeteilt und alle anderen "erwachsenen" Besucher, außer mir noch 3 Herren, die vermutlich auch über die Ausschreibung auf der Website auf die Lecture gestoßen sind, merkten, dass das nicht das war, was sie erwarteteten. Oder der Style doch sehr abwegig war.

Ich habe noch eine Weile beim Schminken zugeschaut, beim Perücken und Hutdinger drapieren, es gab auch viele Glitzer, Plastik und sonstige Teile, die man oben herum anziehen konnte. Für den Abschluss war ein Shooting in einer Photo Box geplant.





Oben ein paar Anregungen, wie wir uns stylen und später posen könnten.

Ich habe es dann vorgezogen, noch im Hellen zum Bahnhof zu gehen. Es war dennoch interessant. allerdings frage ich mich schon, was all diese Bachelor- und Mastermodestudenten später für Mode kreieren. Nicht für meine Generation. Oder sie werden in Jobs landen, wo sie Geld verdienen, aber kaum ihre Träume ausleben können. Aber das ist ein anderer Diskurs.

Auf bald, Anja


2 Kommentare:

  1. Leider am anderen Ende der Republik. Umso schöner, dass Du uns mitnimmst. Ich hätte bei dem Schneesturm auf Demna, aber noch für Balenciaga getippt. Die Supermarkt-Show von Lagerfeld fand ich ja ziemlich witzig (im Gegensatz zu der Rakete), weil der Supermarkt am Ende der Show vom Publikum "geplündert" wurde... Herzlichen Dank fürs Zeigen. LG Manuela

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  2. Als wir im August 2022 die Basler Freunde besucht haben, waren wir natürlich auch im Vitra Design Museum. Es ist jedesmal wieder spannend, was an Gebäuden und auch anderem neu hinzugekommen ist und was sich verändert hat. Damals gab es eine Ausstellung zu Kunststoff und auch zur Erforschung neuer "Textilien" aus allerlei ungewöhnlichen Ausgangsprodukten. Fand ich sehr spannend. Die von dir gezeigte Ausstellung klingt auch interessant. Beim tatsächlichen Inhalt des Workshops hätte ich auch etwas gestaunt. Danke fürs Mitnehmen, liebe Grüße, heike

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