Dienstag, 27. September 2011

Grundschnitt für einen Rock nach Maß

Ich habe beim letzten Me Made Mittwoch erwähnt, dass ich einen Kurs zum Erstellen von Schnitten besucht habe. Seitdem nähe ich nur noch nach Maß (Burda und Ottobre saßen eher schlecht). Das Gute an diesen Grundschnitten ist, dass sie einfach zu nähen und daher für Nähanfänger wie mich ideal sind. Wenn man bedenkt, dass ich vor einem Jahr noch nie von einem nahtverdeckten Reißverschluss gehört habe und eine "Kurskollegin" meinte, ein Nähkurs wäre bestimmt hilfreich für mich. Inzwischen habe ich mich durch Reißverschlüsse und Belege durchgewuschtelt und perfekt muss das Ergebnis auch nicht sein.

Der hier vorgestellte Grundschnitt kann fertig (mit ein paar Teilungsnähten) z. B. so aussehen:




Falls ihr Verständnisschwierigkeiten mit der Anleitung habt, kontaktiert mich gerne. Ich freue mich auch über Rückmeldungen / Verbesserungsideen, die ich dann einpflegen werde. Viel Spaß beim Schnitt erstellen (und späteren Nähen)!

Um einen Schnitt zu erstellen, braucht man:

Packpapier (ich habe noch Flip Chart Papier, das geht auch, auf jeden Fall festes Papier), Kreppklebeband, Papierschere, Maßband, Schneiderdreieck und Bogenlineal (Geodreieck, langes Lineal und Freihand geht auch), Bleistift, Buntstifte, Radiergummi, manchmal auch einen Taschenrechner, für den Rock reicht der Kopf.





Dann wird auf der Unterwäsche Maß genommen: 

Und zwar die Taillenweite (die Taille ist die schmalste Stelle am Oberkörper deutlich oberhalb des Bauchnabels); die Hüftweite (breiteste Stelle), die Hüfttiefe, das ist der Abstand zwischen Taille und Hüfte (dafür ist es hilfreich, wenn man 2 Maßbänder hat und eins in das andere einhängen geht) und letztendlich die gewünschte Rocklänge (ab der Taille, nicht von einem anderen Rock übernehmen).

Beispielmaße: TW: 86; HT 22; HW 110; RL 58








Nun zeichnen wir auf dem Packpapier in der
Nähe des rechten Rands eine lange gerade Senkrechte. Etwas unterhalb des oberen Rands zeichnen wir exakt im rechten Winkel an die Senkrechte eine Waagerechte.

Von dem oberen Punkt tragen wir auf der rechten Senkrechten die Hüfttiefe (im Beispiel 22 cm) nach unten ab und zeichnen wieder eine Linie im rechten Winkel waagerecht nach links.

Ebenso tragen wir die Rocklänge ab und zeichnen eine waagerechte Linie im rechten Winkel (im Beispiel 58 cm, vom oberen rechten Winkel gemessen).









Die rechte Hälfte des Papiers sieht jetzt so aus:



















Als nächstes wird auf der rechtwinklig
auf Höhe der Hüfttiefe gezeichneten Waagerechten die halbe Hüftweite (+ ca. 1 cm Mehrweite) abgetragen (im Beispiel 56 cm). Diese Strecke wird wiederrum halbiert (28 cm). An beiden Markierungspunkten zeichnen wir rechtwinklige Senkrechten nach oben und unten.









Rechts haben wir jetzt die hintere Mitte, links
die vordere Mitte und in der Mitte die Seite des späteren Rocks. Die mittlere Linie ziehen wir 1 cm nach oben über den oberen Rand hinaus. Mit einem Bogenlineal (oder Freihand) werden von diesem Punkt gebogene Linien gezogen, die schön in die obere Waagerechte einlaufen.

Aus der Differenz zwischen 1/2 Hüftweite (+ 1 cm Mehrweite = 56) und 1/2 Taillenweite (+ 1 cm Mehrweite = 44) ergibt sich der Gesamtwert für die Abnäher bzw. den Hüftbogen.

Dieser Wert (im Beispiel 12 cm) wird verteilt auf Seite (hier fast die Hälfte, ich nehme 6 cm, also je 3 cm rechts und 3 cm links von der erhöhten Seitenmittellinie), vorne und hinten (bei mir 2 x je 3 cm, jede Seite je 1,5 cm). Maximal sollten für die Abnäher 4 cm genommen werden, sonst wird es zu wulstig. Also bei größeren Werten den Hüftbogen gebogener zeichnen.

An der Seite (also auf der mittleren Linie) wird eine schönere Bogenlinie als bei mir auf der Höhe der Hüfttiefe in die Senkrechte einlaufend gezeichnet.

Weiter geht es mit den Abnähern: Der hintere liegt auf der Hälfte der neu vermessenen Strecke zwischen oberem Hüftbogenrand und der oberen hinteren Mitte. Der vordere liegt 7 cm von dem linken oberen Hüftbogenrand entfernt. Die Tiefe ist vorgegeben: hinten 15 cm, vorne 10 cm. Beide Abnäher werden schön gebogen einlaufend gezeichnet.




Im nächsten Schritt wird ausgeschnitten: Rockvorder- und -hinterteil sowie die Stellen, wo die Abnäher markiert sind:


Dieser Schnitt ergibt einen Bleistiftrock, wenn man Abnäher näht und oben noch kürzt (denn im Moment geht der Schnitt ja bis zur Taille. Je nachdem wie tief er sitzen soll, wird parallel zum oberen Rand eine Linie gezogen (üblich sind ca. 6 cm, aber der eine mag es hüftiger, der andere weniger hüftig).

Man kann diesen Grundschnitt an der Hüftlinie durchschneiden, oben wie gehabt Taille kürzer machen, Abnäher nähen und anhand von zwei neuen Schnittteilen Falten, Kellerfalten, Kräusel oder ähnliches einarbeiten (dazu die unteren Schnittteile entsprechend verbreitern). Siehe Bild:


Ich möchte mir demnächst allerdings einen ganz
schlichten Rock nähen. (Dafür klebe ich erstmal wieder die Teile, die ich vorher abgeschnitten habe, an den Grundschnitt). Den Schnitt bekomme ich, indem ich senkrecht von unten auf der Höhe der Abnäher bis ganz kurz vor dem Abnähereinschnitt einschneide. Dann schiebe ich die Abnäher oben so zusammen, dass unten Weite entsteht. Ich habe unten ein großes offenes Dreieck, der Abnäher ist jetzt geschlossen. Mit der Weite kann gespielt werden: durch neue Einschnitte an anderen Stellen gestalte ich den Rock weiter, durch weniger Zusammenschieben oben (und Nähen von kleineren Abnähern) bekomme ich einen engeren Rock.







Dann klebe ich die Abnäher oben zusammen (der Abnäher wird sozusagen in die Rockweite verlegt). Schneide an der Taille noch die überflüssige Höhe ab (bei mir 4 - 6 cm, je nachdem, wo der Rock sitzen soll, aber ganz in der Taille soll er nicht sitzen). Klebe die offenen Dreiecke unten zu und fertig ist der Schnitt: Ein Vorderteil, das im Stoffbruch zugeschnitten wird und ein Hinterteil, das ich 2 x zuschneide und in das hinten mittig der nahtverdeckte Reißverschluss eingesetzt wird. Belege zuschneiden, nähen, säumen.


Es gibt Sinn, den einmal erstellten Grundschnitt (Bleistiftrock) aufzubewahren und mit dem Rädchen zu kopieren und erst dann zurechtzuschneiden. Dann erübrigt sich das Messen und Rechnen beim nächsten Rock (es sei denn, die Maße veränden sich).

Viel Spaß beim Zeichnen, Schneiden und Kleben, lieben Gruß, Anja

4 Kommentare:

  1. Liebe Anja, wenn ich den Schnitt so mache, und einen normalen RV einsetze also keinen Nahtverdeckten, ist dann die Nahtzugabe hinten in der Mitte schon dabei, oder muss ich die noch dazurechnen? Ist überhaupt die Nahtzugabe schon dabei? nee oder? Muss ich wegen der Abnäher hinten wieder was dazugeben???? fragen über fragen... vielleicht kannst du mir per e-mail schreiben: wolfcch@arcor.de
    lg
    Claudia

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  2. Hallo Anja,
    vielen Dank für die tolle Anleitung zur Erstellung eines Grundschnittes. Ich habe mir mit Hilfe dieser Anleitung einen Grundschnitt erstellt und schon einige schöne Röcke genäht.
    Herzliche Grüße
    Marianne (http://77nanni.blogspot.de/

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