Nachdem es bereits vor 2 Jahren im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst eine Modeausstellung über die Designerin Jil Sander gegeben hat, ist seit 2 Wochen eine Ausstellung über Modest Fashion von San Francisco hierher gekommen. Näheres zu der Ausstellung und auch der kontroversen Diskussion im Vorfeld findet man in diversen Presseartikeln von TAZ über FAZ bis zur SZ. Die Diskussion ist ein bisschen an mir vorbei gegangen, denn tatsächlich habe ich eine Modeausstellung erwartet und keine politische Ausstellung. Natürlich hätte man das kombinieren können, aber bei C
ontemporary Muslim Fashions handelt es sich um eine Ausstellung, die genau so in San Francisco gezeigt wurde, nicht auf deutsche oder europäische Verhältnisse angepasst wurde (wenn man davon absieht, dass einige Exponate von deutschen Designerinnen ergänzt wurden) und bei der die Kuratoren offensichtlich selbst von der Diskussion überrollt wurden. Nun passieren die Besucher eine Sicherheitsschleuse am Eingang, müssen sogar ihre PET -Flaschen abgeben, die Wartezeiten liegen aber im Rahmen. Letztendlich habe ich den Eindruck, dass die Besucherzahlen höher sind als bei irgendeiner anderen Ausstellung. So ist das eben manchmal, wenn viel Wirbel gemacht wird.
Ich konnte vorher mit dem Begriff Modest Fashion wenig anfangen. Dachte dabei auch primär an Kopfbedeckungen. Aber man wird in der Ausstellung eines Besseren belehrt (ohne bewusst belehrt zu werden). Es geht um körperbedeckende Kleidung und kaum um Kopfbedeckungen. Dabei werden die Bereiche Sport, die verschiedenen Kulturen (Asien, Afrika, Arabische Länder), in den man sich modest kleidet, betrachtet, außerdem Einblicke in die repräsentative Kleidung einer Scheichsgattin und viele, viele Fotos vom Streetstyle der Musliminnen von USA über UK und Iran bis Malaysia.
Es gibt ziemlich viele coole Schnitte und interessante Interpretionen zu sehen. Der Überrock oben geschnitten wie ein Herrenhemd z. B. Alle Modelle sind langärmlig, die Beine der Hosen sind oft sehr weit, wie es aber auch der heutigen Mode entspricht. Lagen Look ist verbreitet, die Farben sind mal bunter, mal gedeckter, je nach Anlass. Im Bild unten wertvoll bestickte Festkleidung. Teilweise von großen Labels, die den Modest Markt für sich entdecken und auf dortigen Fashion Weeks spezielle Kollektionen anbieten. Die Umsatzzahlen im Modest Fashion Bereich sind auch nicht ganz ohne. Konkrete Zahlen für Deutschland gab es aber nicht, ich glaube, hier kommt das Thema erst noch. Deutsche Designerinnen wie sind wenig bekannt. Die
Vogue hat sich des Themas im letzten Herbst angenommen.
Wie man an den Modellen sieht, gibt es unterschiedliche Interpretationen der Kopfbedeckung, die vielen Varianten der Turbane gefielen mir sehr. Eine ungewöhnliche Variante unten. Je nach religiöser Einstellung kann man variieren. Manche Muslima variiert auch von Tag zu Tag. Hier im Straßenbild in Frankfurt dominiert allerdings der klassische Hijab, also das, was wir meist mit Kopftuch meinen. Aus modischer Sicht schade, finde ich.
Ich persönlich würde viele der Kleidungsstücke selbst tragen. Sie stehen der konventionellen Mode in nichts nach. Am vergangenen Wochenende gab es ergänzend zu der Ausstellung ein kleines Symposium, das die kontroverse Diskussion auffangen sollte und tieferen Einblick in die Ausstellung geben sollte. Ich habe teilgenommen und durch die Vorträge und Gruppendiskussionen hat sich mein Bild der islamischen Frau verändert. Sicherlich haben nur bestimmte Menschen an dem Forum teilgenommen, aber es gibt immer mehrere Seiten einer Medaille. Und ich als völlig unbedarfte Deutsche, die sich eher grün, links, feministisch einordnet und keine Muslima im Freundeskreis hat, habe viel mitgenommen.
Die Ausstellung ist nicht groß, eine Etage, in einer Stunde ist man gut durch gegangen, die Informationen sind sehr klein geschrieben und manchmal würde man sich mehr Text wünschen. Aber für alle die, die sich für Fashion interessieren und schnitttechnisch andere Kleidung anschauen möchten, gibt es etwas zu entdecken. Am letzten Samstag im Monat ist immer freier Eintritt im Museum.
Eine Zusammenfassung des Symposiums soll noch auf der Homepage des MAK veröffentlicht werden, ich habe es bisher nicht gefunden.
Ostergrüße aus Frankfurt
Anja