Dienstag, 20. Februar 2024

Aran stricken

Dieser Post mit den Fotos schlummert seit fast einem halben Jahr auf meinem Blogger Dashboard. Zeit, endlich den Text dazu zu schreiben. Und sich an den Strickhimmel, Inspirationen und Pläne zu erinnern und an die irische Westküste zu beamen. Auch wenn wegen meines Arms derzeit noch nicht an Handarbeit zu denken ist. Immerhin: Das beidhändige Tippen nach dem Abnehmen der Schiene klappt schon mal erstaunlich gut.

Im September 2023 waren wir eine Woche in Dublin und Galway. Meine erste Reise nach Irland - ehrlich gesagt, war ich etwas enttäuscht. Soviele Leute schwärm(t)en von Irland, ich fand es nicht so spektakulär wie z. B. Norwegen oder auch Schottland, eher vergleichbar mit Wales oder Cornwall, aber im Gegensatz dazu war es leider überall ziemlich überfüllt. Eine bekannte Billigairline fliegt von ganz Europa dorthin, weil sie ihre Basis in Dublin hat.

Am meisten begeistert haben mich die Woll- und Stoffwaren. Bei meinen früheren Reisen habe ich mich nicht für Textiles interessiert, insofern war dieser Aspekt neu für mich. Und da ich ein Buch über die Strickmuster der Aran Inseln habe und daraus bereits gestrickt habe, lag es nahe, diesen Mustern auf den Grund zu gehen. Überall gab es Geschäfte mit unfassbar schönen, bunten, unterschiedlich gemusterten Pullovern (und Mützen, Jacken, allem). Die Preise waren viel zu günstig, auch wenn es wegen Sale reduziert war. Trotzdem: 30 - 50 Euro für einen zwar maschinengestrickten Pullover aus 100 % Wolle und 120 - 150 Euro für einen handgestrickten Aran Pullover aus Wolle (gefertigt sicher in Asien, die Maschinengestrickten allerdings in Fabriken in Irland oder England). Dagegen ist Wolle kaufen und selbst wochenlang stricken nicht konkurrenzfähig.

Ich wollte keinen Pullover kaufen auch wenn die Versuchung groß war. Mein Plan war eigentlich, im Herbst Wolle zu kaufen und dann noch einen selbst zu stricken. Oder ein Tuch. Dazu ist es bisher aus unterschiedlichen Gründen nicht gekommen. Meinen zweiter Aranpullover aus dem Buch von Alice Starmore habe ich immerhin in den Urlaub mitgenommen und oft angezogen. Ich liebe ihn sehr und hab ihn auf der Fahrt auf die Aran Inseln getragen - und fotografiert. Hier zu Hause ziehe ich ihn viel zu selten an, die Farbe ist nicht so kombinationsfreudig. Der Pullover strahlt vielleicht auch eher für sich.





Bei einer Wanderung sind diese Aufnahmen entstanden. Ähnliche Bilder finden sich in dem Buch und die Namen der Gegenden haben Alice Starmore zu den Namen ihrer Designs inspiriert. Die Bucht unten heißt wie mein schwarzer Aranpullover, der stark pillt, an einigen Stellen aufribbelt und daher bald auseinanderfällt. Er wird dauergetragen, das Muster orientiert sich an den Steinplatten. Schwarz lässt sich besser kombinieren, aber das Design ist nicht so sichtbar. Ich habe ihn hier noch einmal fotografiert, es ist das Titelmodell des oben erwähnten Buches, stark aufgehellt, damit ihr das Muster in der schwarzen Wolle erkenne könnt:





Wenn ich nochmal auf die Shetland Inseln oder Harris & Lewis komme, werde ich dem Fair Isle und dem Tweed nachspüren. Als ich dort war, habe ich die Wollkultur zwar wahrgenommen, aber andere Dinge standen im Vordergrund der Reisen. Schade rückblickend betrachtet. Aber nicht zu spät. Denn grundsätzlich mag ich neben Italien den Norden lieber als den Süden.

Viele Grüße, Anja

Mittwoch, 17. Januar 2024

Lang gehegte (Chanel-) Hosenpläne

Vor ca. 2 Jahren habe ich auf der Gassirunde am seitlichen Schaufenster von Chanel in der Goethestraße angehalten, ich glaube, dass ich sogar die Straßenseite dafür gewechselt habe. Eigentlich sind die Sachen bei Chanel nicht meins, immer wieder die immer gleich erscheinenden Jacken, Röcke, im letzten Jahr Shorts. Damals hingen dort lange weite Marlenehosen und lange Flared Hosen in unterschiedlichen Farbgebungen (oben vermutlich mit den üblichen Jacken, ich erinnere mich nicht mehr genau). Auf jeden Fall sind mir diese "bunten" Winterhosen nicht aus dem Kopf gegangen. Aber bis dato habe ich noch nie Chanel Boucle (wie er sich nennt, auch wenn er nicht von Chanel ist) im Stoffladen entdeckt. Vielleicht habe ich auch nicht gezielt danach geschaut oder der Preis war mir zu hoch. 

Das änderte sich letzten Herbst. Bereits im September plante ich, eine Hose aus mitgebrachtem Stoff aus Paris zu nähen, der Stoff reichte nicht, es wurde dann dieses Kleid. Im November war ich in Italien und ich wusste - es gibt diese Läden, in denen es diese Stoffe gibt. Es gab dann auch viele Stoffe, nicht unbedingt günstig, aber sehr viel Auswahl. Ich habe mich dann bei den Sorelle Scarlini (tolle Beratung, nettes Geschäft) für diesen Rest (ca. 1,65 m) entschieden, der für eine Hose reichen sollte. Da ich die Rolle leer gekauft habe, gab es auch noch einen Rabatt. Es handelt sich nicht um Deadstock Fabric, aber es war der schönste Boucle/Tweed, den ich gesehen habe. Er fühlt sich super an und kann quer zum Fadenlauf verarbeitet werden (sonst hätte der Rest der Rolle nicht gereicht). 


Hier eine Idee zu den Hosen, die ich damals im Schaufenster gesehen habe. Sie sind aus der Metiers d'Art Kollektion 22/23, die in Dakar gezeigt wurde. Irgendwo bei Arte gab es auch mal eine Dokumentation zu der Geschichte dieser Kollektion und dem Hintergrund der Ortswahl. Französische Kolonialgeschichte....

Da ich die Hose füttern möchte, damit sie wirklich den "echten" Hosen ähnelt habe ich mir neben einem überarbeiteten Hosengrundschnitt einen Makerist Kurs mit Inge Soltyszik-Sparrer geholt. Das Video ist toll, alles wird Schritt für Schritt sehr detailliert zum Mitmachen erklärt. Den Hosenschnitt zu dem Video werde ich anhand des Grundschnittes bzw. einer weiten Hose, die mir prima passt, anpassen. Ohne Bügelfalte selbstverständlich, ebenso ohne Bundfalten.

Zwischenstand Nummer 1:

Kurzzeitig habe ich überlegt, eine Probehose aus altem Bettlaken zu fertigen, aber dafür bin ich einfach zu faul. Die Nahtzugabe an den Seiten und hinten und die Fertigung mit erst hinterher angenähtem und angepasstem Bund lässt m.E. einen sofortigen Zuschnitt zu. Natürlich habe ich die Schnittmaße mit meinen Maßen abgeglichen. Der Zuschnitt von Hose und Futter geht ratzfatz. Aus den Resten mache ich noch kleine quadratische aufgesetzte Taschen mit Fransenrand (Webkante) hinten und ein noch kleineres Münztäschchen vorne. Damit habe ich wieder fast zero waste produziert. Zum ersten Mal arbeite ich mit Bundfix, außerdem bebügelte ich die Taschenkanten und die Reißverschlussunterseite. Das habe ich bisher nie gemacht. Sämtliche Schnittteile werden mit Zickzack versäubert (ich habe keine Overlock), das Futter für die Vorderhose dabei direkt mit auf der Vorderhose versäubert. Auf die ganzen Reihnähte aus Inges Videokurs verzichte ich, so genau arbeite ich nicht. Nur in der vorderen Mitte markiere ich etwas genauer (aber auch dafür reichen mir die Nadeln). 

Hier einige zugeschnittene und versäuberte Teile, bereits mit den Abnähern hinten versehen. Auch da bin ich mit meiner Pi x Daumen Methode, Stecken entsprechend der Markierung mit Stecknadeln ohne exaktes Durchkopieren, bisher zufrieden gewesen. Die äußeren Seitennähte sind auch schon geschlossen, das lässt eine grobe Anprobe zu, scheint zumindest nicht zu eng zu werden. 


Zwischenstand Nummer 2:

Das Münztäschchen hätte ich besser vor dem Futter ansetzen aufgenäht, jetzt wäre die Naht auf der Innenseite sichtbar, ich verzichte dann darauf. Die hinteren Taschen positioniere ich, bevor ich mich wieder nach Inges Anleitung mit den Seitennahttaschen beschäftige. Die werden anders eingenäht als ich es bisher immer gemacht habe. Das dauert auch deutlich länger, aber das Ergebnis ist wirklich sehr viel ordentlicher. Auf die kleine Handnähnaht verzichte ich. Nach den Seitennahttaschen erhole ich mich erst mal mit dem Zusammensetzen der inneren Beine und der Schrittnaht bevor es an den Reißverschluss geht.


Zwischenstand Nummer 3:

Der Reißverschluss wird wieder anders eingenäht als ich es kenne, Inge verwendet nicht einmal ein Reißverschlussfüßchen, funktioniert prima. Beim nächsten Mal würde ich die Maße genauer beachten, mein Untertritt ist etwas zu groß und der nachträglich angenähte Untertritt hätte vorher besser links auf links gelegt werden sollen (ist mir irgendwie mit den vielen Videos untergegangen, hätte ich aber auch wissen können). Das Ergebnis ist von außen jedenfalls einwandfrei, vielleicht sogar der beste Hosenreißverschluss, den ich je eingenäht habe.

Vorne ergänze ich jetzt noch je Seite 1 Abnäher, denn ich habe das Gefühl, das verbessert die Passform oberhalb des Bauchs. Hinten habe ich mehr als genug Nahtzugabe, um die Hose an meinem Hohlkreuz in Form zu bringen.

Der Bund, kein Formbund, sondern ein gerader Bund, der rund in Form gebügelt wird, was bei meiner Wolle gut funktioniert, wird mit einem schmalen Paspel versäubert. Sehr schön und endlich sehe ich einmal, wie das funktioniert, bisher habe ich die Reihenfolge vertauscht. Durch das Bundfix, meins ist extra verstärkt, anderes hatte mein Laden nicht, ist der Bund allerdings sehr fest, fast schon sperrig. Ich denke, Vlieseline reicht mir für das nächste Mal. Mir gefällt, dass die Hose über die hintere Mitte ganz zum Schluss gut angepasst werden kann. Beim Knopf und dem handgenähten Knopfloch lerne ich durch den Kurs auch noch etwas, bisher habe ich den Knopf immer in die Mitte des Knopflochs genäht. Das soll nicht so sein. Hier der Saum und der Bund, bin sehr zufrieden damit.
Ich habe die Länge etwas zu kurz eingeschätzt, deswegen habe ich den Saum ebenfalls mit Schrägband versäubert, es blieben nur etwa 1,2 cm, um ihn umzuklappen. Die seitlichen Eingriffstaschen sind für meine Hände viel zu klein, wahrscheinlich soll man nur einen Schlüssel oder ein Taschentuch reintun, das geht, aber Hand oder Mobiltelefon Fehlanzeige.

Nun aber zu den Fotos der fertigen Hose, leider mit vorgestern frisch operiertem Ellenbogen (links, Selfie), Hundeunfall. Die Hose war zum Glück 1 Stunde vor der Gassirunde fertig geworden:



Zusammenfassung: 

Kosten: Stoff ca. 60 Euro, Bundfix 1,80 Euro, Garn, Knopf, Vlieseline aus dem Bestand, gutes Venezia Futter 1 Euro aus der Karstadt Auflösung

Schwierigkeitsgrad: Schnittmuster passt, Videoanleitung top, eigene Abwandlungen auch o.k.

Zeitaufwand: Slow Sewing, ich habe mir wirklich Zeit gelassen (ca. 10 Tage, an jedem Tag gut 1 - 3 Stunden mit Pausen), daher kann ich nicht sagen, wieviele Stunden ich an der Hose gearbeitet habe. Alleine das Schauen der Makerist Videos und das nochmalige Suchen von relevanten Stellen hat viel Zeit beansprucht, aber auch Spaß gemacht.

Bis dahin, Anja


Mittwoch, 3. Januar 2024

Mein Nähjahr 2023 - Rückblick mit Lieblingsstück

2023 habe ich viele Stoffe gekauft, viel genäht und alles verbloggt, insgesamt - wenn ich es korrekt überschlage - 22 Kleidungsstücke. Das ist fast doppelt soviel wie in den beiden Vorjahren. Es hat sich aber auch ein bisschen was hinsichtlich Nähen, Stoffkauf und Bloggen geändert. 

Bei den Stoffen achte ich zunehmend auf Qualität, ich habe 2 x bei The Fabric Sales bestellt, war im Annette Görtz Outlet, bei Malhia Kent in Paris und im November habe ich etliche Stoffe bei Max Mara in Sesto Fiorentino gekauft. Manchmal gehe ich spontan in den Laden um die Ecke (JP Stoffe), Karstadt hat im Sommer geschlossen (ich habe zum Schluss reichlich Kurzwaren und Venezia Futter auf Vorrat gekauft), aber Stoffmarkt Holland Ware möchte ich nicht mehr haben. Außerdem habe ich bei fast allen Stoffen ein Projekt im Kopf. Manche der dieses Jahr gekauften Stoffe wurden schon im Folgemonat vernäht.

Mit einigen Schnittmusterherstellern, die ich neu ausprobiert habe, war ich nicht erfolgreich: Grasser, Named (mein Fail des Jahres), Pauline Alice Pattern - alles sehr anpassungsintensiv. Ich bleibe doch lieber Burda treu  oder - das habe ich nach dem tollen Online Kurs bei Alice&Co. Pattern erinnert - ich konstruiere selbst.

Auf der einen Seite habe ich komplexe Schnittmuster nähen wollen, um etwas zu lernen. Ich hatte mir auch vorgenommen, langsamer und ordentlicher zu arbeiten. Das ist nur teilweise gelungen. Am Ende gefielen mir die fertigen komplizierten Stücke mit besonderen Details selten besser als die einfachen selbst konstruierten Kleidungsstücke. Spaß gemacht hat das Fotografieren mit dem neuen besseren Smartphone im Me Made May und Handmade November. 

Ein echter Fast-Ganzjahresfavorit ist das A-Linien-Kleid aus Steppstoff. Die Taschen habe ich inzwischen etwas verkleinert, so ist die Silhouette stimmiger.

Extrem gerne habe ich auch den einfachen, offenkantig verarbeiteten Double-Face-Mantel mit den großen auffälligen Ösen getragen, im letzten Winter Indoor wie eine Jacke, es wurde ja wenig geheizt, in diesem Herbst Outdoor und zwar tatsächlich von beiden Seiten. Den Bindegürtel habe ich nicht mehr, den brauche ich nicht. An kalten Tagen gefällt mir eine unauffällige Klammer besser.

Das komplizierteste Kleidungsstück des Jahres ist mein Burdamantel gewesen. Ich bin zufrieden damit, trage ihn auch, gleichzeitig ist er mir nicht besonders genug, er könnte auch gekauft sein. Die im Januar gekauften - optisch zu kleinen Knöpfe - habe ich mittlerweile durch größere aus der Karstadt Auflösung ausgetauscht. Dadurch schließt der Mantel besser als letzten Winter (leider auf dem Foto nicht erkennbar).

Als ich meinen Regenparka Anfang des Jahres genäht habe, wusste ich noch nicht so recht, ob er etwas taugt. Aber er ist völlig super an Tagen mit leichtem bis mäßigem Regen, trägt sich angenehm und wärmt ausreichend, auch in der derzeitigen Regenperiode. Bei Starkregen und zum Wandern, also mehrstündigem Aufenthalt im Regen, weicht die Filzkante an und der Trocknungsprozess dauert ewig. Außerdem ist das Material zu sperrig, um es in einer Nicht-Regenperiode im Rucksack zu transportieren. Der Regenparka ist vermutlich das Kleidungsstück, auf das ich am häufigsten angesprochen werde.


Eine exakte Statistik zum Verbrauch meiner Stoffe führe ich nicht. Mein Stofflager ist etwas voller als vor einem Jahr (38 m, davon 8 m Futter, es sind nur 8 m älter als aus 2023, das heißt, ich habe wirklich sehr viel Stoff gekauft, aber bei diversen besonderen Gelegenheiten wollte ich nicht nichts kaufen). Erstmal bin ich gut eingedeckt mit Stoff und Kleidung. 

Highlight des Nähjahres waren das kleine Treffen in Stuttgart, die Online Nähdelsabende jeden Montag, organisiert von Jule Futterstoff, und die Nähreise in die Toskana im November.

2024 bringt bei meinem Mann und auch bei mir beruflich Einiges an Veränderung. Ich hoffe dennoch, weiterhin Zeit zum Nähen zu finden. Danke dem Me Made Mittwoch Team für die Bereitschaft, den ersten Mittwoch im Monat mit der Linkparty zu organisieren.

Herzliche Grüße, Anja

Mittwoch, 6. Dezember 2023

Vom Kimono inspirierte Spontanjacke - Me Made Mittwoch im Dezember

Im Textilmuseum in Prato hat mich die Kimonoausstellung sehr fasziniert. Insbesondere konnte man sich die Konstruktion und die Schnitte der Kimonos anschauen, sie sind anders als das, was bei uns oft als Kimono bezeichnet wird.

Hier eine Seitenansicht und eine schräge Vorderansicht, wenn ihr auf die Ärmel und die offenen Stellen daran achtet, seht ihr, was ich meine:


Am Tag vor dem Museumsbesuch habe ich ein Reststück (ca. 130 cm) eines grob gewebten Stoffes mit einer (unten geschlossenen) Fransenkante gekauft. Die andere Webkante war normal. Weich und mollig, tolle Farben, als Tuch, Überwurf, Poncho geeignet. Ich hatte noch keinen Plan, aber bei 20 Euro wollte ich den Stoff nicht im Laden lassen. 


Der Stoff war sehr voluminös, so dass klar war, ich muss ihn im Flugzeug anziehen, unterziehen, zumindest überwerfen. Da ich im Nähkurs mit all meinen geplanten Projekten nach 3 Tagen fertig war, habe ich mich an Tag 4 dem Stoff gewidmet. Ich hatte kein Schnittmuster, dachte an die Kimonos aus der Ausstellung und mir schien die Stoffmenge dafür ausreichend.



Ich habe mit der gesamten Länge gearbeitet und das Stoffstück quer zum Fadenlauf genommen, die Fransenwebkante also unten als Jackenabschluss. Für den Ausschnitt vorne und hinten ein- bzw. abgeschnitten, für die Ärmel habe ich die halbe vorgesehen Ärmelbreite einfach an der ausgemessenen Stelle in die Stoffbahn geschnitten. Die Jacke war dann etwas zu weit, hat sich vermutlich gedehnt, so dass ich hinten noch eine Kellerfalte mittig eingefügt habe. Die Seiten sind eingeschlagen, kein Beleg, alles mit sehr breitem Zickzack vernäht, in dem Muster sieht man den Stich nicht.

Für die Ärmel habe ich an der anderen Langseite mit der Webkante das Stoffstück genommen, das nach der Ermittlung der Jackenlänge übrig war und versucht wie in den Bildern oben am Ärmeleinschnitt etwas überhängen zu lassen. Die Ärmel sind einfache Rechtecke, die Webkante bildet den Abschluss unten. Mein Stoffstück hätte - um die Optik wie in der Ausstellung zu erzielen - breiter sein müssen, aber es hat auch so funktioniert. 

Ich hoffe, die Konstruktion ist einigermaßen verständlich erklärt. Leider habe ich keine Zeichnungen.

Ich habe zum ersten Mal direkt auf dem Zuschneidetisch mit Schneiderkreide und Breitem Winkel gearbeitet, kein Papierschnittmuster, die anderen Kursteilnehmerinnen guckten erst etwas verwundert, aber bei so einem einfachen Schnitt, der quasi nur aus Rechtecken besteht, geht das aus meiner Sicht.

Von zwei weiteren kleinen Rechtecken habe ich nachträglich Taschen aufgesetzt. No Waste. Die zusammen genähte Fransenkante unten habe ich nach einigen Tagen abgeschnitten. Ich bin nämlich mit der Kante ständig hängen geblieben (beim Einsteigen im Flugzeug im Gang mussten mindestens 3 Mal Leute hinter mir helfen, mich aus den seitlichen Armlehnen zu befreien), zuhause wurde es nicht besser. Also weg damit. Aus dem abgeschnittenen Stück ist ein Bindegürtel geworden. Der ist leider nicht mit auf dem Foto und eigentlich verwende ich ihn auch nicht. Unten noch eine Rückansicht und Bilder in Bewegung, die Fransen schwingen wunderbar mit.




Kimonos haben zwar eigentlich einen viel größeren anders geformten und kontrastierenden Bindegürtel, von den Originalen aus der Ausstellung habe ich kein Foto, es ging dort tatsächlich primär um die Kimonos, deren Stoffe und die Mustervielfalt.

Zusammenfassung:

Schwierigkeitsgrad: ganz einfach, ganz schnell

Zeitaufwand: Konstruktion, Zuschnitt, Nähen insgesamt 4 Stunden

Kosten: 20 Euro für den Stoffrest, Nähgarn aus dem Materiallager

Die anderen in Prato und Sesto Fiorentino gekauften Stoffe werde ich vermutlich erst im nächsten Jahr vernähen. Ein Weihnachtskleid brauche ich leider auch nicht, aber ich verfolge den Sew Along.

Verlinkt beim Dezember Me Made Mittwoch. Abschließend möchte ich mich noch beim Team bedanken, das sie jeden Monat den Me Made Mittwoch organisieren, dazu die Sew Alongs, das sind für mich definitiv Highlights im Nähleben. Merci auch an alle Leserinnen, ich freue mich immer über Kommentare, am Me Made Mittwoch sind es immer besonders viele, aber dennoch will ich mir nicht die Posts aufsparen.

Somit ist jetzt auch alles in der letzten Zeit Genähte verbloggt und ich blättere selbst manchmal gerne in den alten Posts, vor allem dann, wenn ich merke, die Kombinationen sind schon alt und immer noch gerne getragen. So, wie heute, wo ich die Jacke mit dem roten Kleid aus 2018 trage, damals hätte ich nicht gedacht, wie vielseitig es sich erweisen wird.

Wunderbare Wintergrüße, ich liebe den Schnee, in den ich hoffentlich morgen nochmal fahre.

Anja





Sonntag, 3. Dezember 2023

M*ssoni Rock zum M*ssoni Sweater wird zum M*ssoni Kleid

Erinnert ihr euch noch an meinen "M*ssoni" oder "wie M*ssoni" Jumpsuit? Mich hat der Stoff nicht losgelassen und als ich ihn im Laden in der Stadt entdeckte, habe ich noch weitere 1,5 m gekauft.

In der 30er Jahre Sequenz des Behind the Seams Clubs ging es um Schnitte für Stoffe im schrägen Fadenlauf. Dabei wurde auch ein schlichter gestreifter Rock von Etro vorgestellt. Das Schnittmuster dafür ist sehr einfach aus dem Grundschnitt zu erstellen, eine verlängerte A-Linie. Ich habe auf das Bündchen verzichtet, der schräge Fadenlauf war bei meinem Häkelstrick nur wichtig, um den Musterverlauf entsprechend zu verwenden. Dabei habe ich ein bisschen mit der Richtung experimentiert und auch damit, die Schnittteile richtig auf den Stoff aufzulegen.


Einen lilafarbenen Reißverschluss hatte ich noch. Das Futter ist weinrot (Venezia aus der Karstadt Auflösung), Seitennahttaschen habe ich eingefügt. Zum ersten Mal habe ich die vordere und hintere Mittelnaht geriehen. Da passte noch alles, beim Einnähen des Reißverschlusses dann nicht mehr, siehe Foto, aber damit kann ich leben. Die Seitennähte treffen nicht perfekt aufeinander, aber das ist wegen der Rundung technisch nicht 100 % machbar, ich hatte kurz überlegt, im Bruch mit Abnäher zuzuschneiden, das hätte allerdings die Stoffmenge nicht hergegeben.



Im Gegensatz zu der Hose-Pulli-Kombination fühle ich mich in dem Kleid recht wohl. Allerdings muss ich ein langärmliges Skiunterhemd darunter tragen, sonst ist mir bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wie zur Zeit zu kalt. An den Beinen friere ich nicht so leicht, deswegen kann ich problemlos Röcke bei diesem Wetter tragen.


Zusammenfassung:

Schwierigkeit: ich habe lange getüftelt bis ich verstanden habe, wie ich die Schnittteile auflege, damit es perfekt passt und ich mit dem letztendlich doch etwas knapp bemessenen Stoff hinkomme. Es hat funktioniert, aber wirklich gerade so. Über das ganze Projekt habe ich mehrere Nächte geschlafen, es war für mich nicht einfach, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ich hatte auch überlegt, den Stoff mit nach Italien zu nehmen, aber er war zu voluminös und passte nicht in mein Gepäck.

Zeitaufwand: mindestens 2 Wochen Vorüberlegung, Schnittkonstruktion 30 Minuten, Nähzeit, nicht so lange, aber ich kann es nicht beziffern

Kosten: 20 Euro (Stoff 18 Euro und Futter 2 Euro)

Einen schönen wunderbar verschneiten Sonntag, liebe Grüße, Anja


Donnerstag, 30. November 2023

Pullover aus Burdastyle 10/2018 (Nummer 3)

Am ersten Tag des Nähkurses in der Toskana habe ich den bereits mehrfach genähten Pullover aus Strick aus der Karstadt Auflösung genäht. Von dem Stoff, den ich eigentlich für das Grasser Kleid brauchte, habe ich spontan 2 m gekauft, die Farbe gefiel mir, der Preis war unschlagbar. Ich hatte auch überlegt, ob ich im Kurs gleich auf einer Overlock nähe, wollte dann aber lieber erstmal die normalen Nähmaschinen testen.

Der Pullover ist im Vergleich zu den Vorgängermodellen leicht gekürzt und an der Taille ein wenig eingestellt. Den Kragen habe ich vorsorglich etwas größer zugeschnitten, weil ich beim weinroten Exemplar (weniger dehnbarer Stoff allerdings) immer Schwierigkeiten mit der Brille habe.

So einen Kurzpullover kann man immer brauchen und er lässt sich unendlich vielseitig kombinieren. Ich suche jetzt noch eine farblich passende Strumpfhose. Aber mit schwarz geht es auch. Den Pullover habe ich auch bereits in Italien getragen, für das dortige Wetter passte er besser als hier. Es ist ein dünner Strickmelange für den Übergang.

Das Besondere an dem Pullover ist der Kragen mit Twist, hier trotz Novemberdunkelheit einigermaßen erkennbar:



Auf den Bildern mit dem La Mia Boutique Latzkleid kombiniert. Im nachhinein, wo ich die alten Posts suche und verlinke, finde ich es nach wie vor spannend, zu lesen, was mich damals gestört hat, was ich verändert habe, vergessen habe zu verändern und was mir nicht fehlt (die Taschen im Latzkleid).

Zusammenfassung:

Schwierigkeit: einfach

Zeitaufwand: Zuschnitt 1 Stunde (Schnitt war bereits kopiert), Nähen 3 - 4 Stunden (mit Kaffeepause)

Kosten: 3 Euro, am letzten oder vorletzten Tag gab es 90 % Rabatt auf alle Stoffe und Zutaten, da habe ich auch Stoffe gekauft, die ich nicht wirklich brauchte. Der Strick ist optisch und haptisch dem, den ich für das erste Modell in Grün verwendet habe, sehr ähnlich. Den hatte ich aus einer Atelierauflösung, eine wirklich tolle Qualität.

Eine schöne Adventszeit, herzliche Grüße

Anja

Dienstag, 28. November 2023

Textil- und Nähreise Toskana - Teil 5 - ZicnZac/Burdastyle Nähkurs

Mittwochs bin ich dann von Prato nach San Casciano weiter gefahren. Ich hatte mich bereits im Frühjahr für die Nähreise angemeldet und relativ bald auch eine Bestätigung bekommen, dass genug Teilnehmer zusammen kommen und der Termin stattfindet. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, früh einen günstigen Flug zu buchen. Mit dem Hund nehmen wir immer den Nachtzug über München nach Italien, aber diesmal wollte ich Zeit sparen. 

Die maximale Teilnehmerzahl liegt bei 8, diese Gruppengröße fand ich auch perfekt, damit jeder die Möglichkeit hat, sich bei der Kursleitung Beratung zu holen und man sich untereinander gut kennen lernt. Die Teilnehmerinnen waren alle in meinem Alter (bisher haben ein oder zwei Mal unter 30jährige teilgenommen, Männer noch nie), hatten unterschiedliche Näherfahrung, von fast Anfänger über Wiedereinsteiger bis hin zu nahezu Profi. Insofern divergierten auch die Projekte, die jede sich vorgenommen hatte. Drei Teilnehmerinnen hatten ihre Partner dabei, die die Tage mit Fotografieren, Kochkurs, Toskanabesichtigungen verbracht haben und manchmal zum Abendessen in unterschiedlicher Konstellation zur Gruppe stießen.

Das ganze Equipment ist im hellen und ausreichend großen Kursraum vorhanden (am letzten Tag habe ich noch aus einem frisch gekauften Stoff mit Schneiderwinkel, Bogenlineal und Kreide den "Kimono" konstruiert, das ist definitv einfacher als mit normalem Lineal und Geodreieck). Ich habe also nur meine Stoffe (in meinem Fall vorher zugeschnitten, es gibt aber tolle höhenverstellbare Zuschneidetische), mein Garn und die D-Ringe mitgebracht. Untergebracht war ich mit 5 anderen Teilnehmerinnen in einem kleinen Hotel, quasi um die Ecke, aber in San Casciano sind die Entfernungen nie weit. Zwei Paare hatten sich für Appartments entschieden. Im Hotel gab es auch eine Lounge und eine kleine Teeküche.

Der Nähraum grenzt an einen alten Wachturm, San Casciano ist eine typisch italienische Kleinstadt, in der es alles gibt, auch Konzerte, Kino, mehrere Restaurants, Bars,  Läden, Spazierwege und, was ich wiederum schätze, nahezu keinen Tourismus (ich war im November, aber angeblich verlaufen sich auch in anderen Jahreszeiten selten Touristen dorthin), denn andere Orte in der Umgebung sind bekannter. Außerdem eine gute Busanbindung nach Florenz und schlechtere Busanbindung Richtung Greve/Poggibonsi. Ich bin nur jeweils vor und nach dem Aufenthalt einen Tag in Florenz gewesen. Finde es aber ziemlich gut, dass die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfach möglich ist.



Ich habe in der Woche gemerkt, dass ich doch bereits auf einem hohen Niveau nähe und nicht soviel Hilfe brauche. Irgendwie wurschtele ich mich letztendlich immer gut mit Anleitungen, Videos usw. durch. An meinem mir bekannten grundsätzlichen "Problem", ich neige nicht zum Perfektionismus und finde es nicht schlimm, wenn eine Naht schief ist und das Innenleben des Kleidungsstücks nur so lala aussieht, arbeite ich inzwischen nicht mehr, ich habe akzeptiert, dass ich schnell nähe, aber nicht so perfekt wie Andere. Ich möchte etwas Schönes, Besonderes, Tragbares nähen und das funktioniert inzwischen gut.

Mein größtes Problem war die ungewohnte Nähmaschine. Erst am vorletzten Tag konnte ich alleine sicher Faden aufspulen und Garn einfädeln. Die Maschine war sehr leise, aber auch viel langsamer (selbst in der schnellsten Einstellung) als meine alte Privileg aus den70er Jahren zuhause. Rückwärtsnähen war nervig, ich musste höllisch aufpassen, die Taste korrekt zu drücken, aber irgendwann klappte es dann auch. Vorausschauend habe ich an Tag 1 einen einfachen Strickrolli genäht, um mich an die Maschine zu gewöhnen. Das danach entstandene Cividini Seidenkleid ist bereits verbloggt, ich habe lediglich den Rollsaum zu Hause genäht, weil es kein Nähfüßchen dafür gab. Ich bin auch froh, dass ich nicht das Leder für den Rock mitgenommen habe, bin mir nicht sicher, ob die Maschine dafür geeignet gewesen wäre. Meine näht ja sehr zuverlässig absolut alles, auch viele Lagen übereinander.

Ich habe gegen Ende des Kurses auch ein Skiunterhemd aus Merino auf einer Overlock genäht, das sieht erstmal total professionell aus, zum Versäubern stelle ich mir so eine Maschine auch super vor. Aber letztendlich komme ich doch gut ohne zurecht. Zumindest hatte ich im Kurs die Gelegenheit, eine derartige Maschinen auszuprobieren.

Es gab auch anderes Equipment zum Ausprobierten: besondere besser haftende Stecknadeln, ziemlich cool, die anderen dort üblichen Stecknadeln mit kleinem Metallkopf wie bei meiner Mutter fand ich schwieriger in der Handhabung als die mit dem Plastikkopf.

Offiziell ging der Kurs von 9 bis 14 Uhr, aber die Teilnehmerinnen haben sich Schlüssel für den Raum geteilt, so dass es möglich war, mittags (bei wärmendem Sonnenschein) eine längere Pause zu machen (ich bin zwei Mal wandern gegangen) und am Nachmittag weiter zu arbeiten. Abends sind wir immer in unterschiedlicher Konstellation essen gegangen. Die Gastronomie in San Casciano ist der Knüller (preisgünstig noch dazu). Theoretisch wäre es auch möglich, nach Florenz zu fahren, allerdings braucht der Bus im dichten Verkehr meist länger als der Fahrplan sagt und fährt nicht direkt ins Zentrum. San Casciano bietet aus meiner Sicht genug, um dort 4 Tage zu verbringen.


Hier ein Einblick in das Städtchen, im November sind die Nächte kühl, mittags kann es aber sommerlich warm werden (vor 1! Woche habe ich meine Pizza noch draußen in der Sonne gegessen, diesen Blogpost schreibe ich bei gruseligem Schneeregen draußen):

Und die direkte Umgebung, typisch Toskana, Frühnebel inklusive. Bei uns sind die Blätter am Wein schon abgefallen, hier noch gelbgrün, außerdem konnte man die Olivenernte beobachten:
Die ganze Reise, ich war 5 Tage alleine unterwegs und dann 5 Tage beim Nähen, hat mir total viel Spaß gemacht, ein wundervoller Urlaub. Mir gefiel es besser als die AnNäherung, bei der ich letzten November war, wo ich nur genäht habe und nach 2,5 Tagen erledigt nach Hause kam. Natürlich liegt es an jedem selbst, was man macht, aber wenn alle ständig bis in die Nacht nähen und das Essen in Kantinenform eingenommen wird, ist weniger Zeit/Freizeit für Kennenlernen und Austausch, zumal die Gruppengröße höher lag. Die Transportthematik ist natürlich auch ein Punkt. Jetzt komme ich mit den Nähmaschinen in San Casciano zurecht, ich kann mir gut vorstellen, dort nochmal Urlaub zu machen.

Viele Grüße, Anja