Letzte Woche hat sich bei mir ein Zeitfenster in Berlin ergeben. Vorab ein
bisschen recherchiert und festgestellt, dass es seit dem 31.1. (also
ganz frisch) eine Gianni Versace Retrospektive im Kronprinzenpalais in
Unter den Linden gibt. Da war ich gefühlt schon sehr, sehr lange nicht mehr. Ein nebliger Vormittag vor einem Termin (ich bin extra superfrüh mit dem allerersten Zug gefahren). Das Ticket hatte ich mir sicherheitshalber online ausgedruckt, wäre nicht nötig gewesen, es gab weder Schlangen noch war die Ausstellung besonders gut besucht. Dadurch hatte ich auch hinterher noch Zeit, ein bisschen herum zu schlendern. Und mich im Kaufhaus Dussmann aufzuwärmen, den vertikalen Garten kannte ich noch nicht.
Aber nun zu der Ausstellung bzw. dem Kronprinzenpalais. Natürlich habe ich mich vorab in der Presse informiert. Von außen hui, von innen ... nun ja ... bisschen Baustelle, bisschen Ex-DDR-Schränke, ein hübsches Treppenhaus, ansonsten kein Vergleich mit einem der Museen, die ich kenne. Alles wirkte sehr provisorisch. Ich weiß nicht, was sonst in diesem Palais ist.
Wenn sich irgendjemand in der Frankfurter Jil Sander Ausstellung über die Musikbeschallung aufgeregt hat, hier ist alles noch schlimmer. Bzw. die Boxen stehen einfach so auf dem Boden, beschallen planlos den Raum, außerdem sind die Bässe so eingestellt, dass es teilweise rauscht. Immerhin hat das Personal die Lautstärke auf meinen Wunsch reduziert. Das wäre im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst undenkbar gewesen, denn dort gab es ein ganzheitliches Ausstellungskonzept.
Nun zur Ausstellung: ich habe wenig Erfahrung mit Designerausstellungen. Kenne eigentlich nur die Jil Sander Ausstellung in Frankfurt, bei der mir zumindest detaillierte Informationen zu den Exponaten fehlten. Dass es noch weniger geben kann, habe ich im Kronprinzenpalais gelernt. Die Ausstellung ist klein, fein, wenn man sowieso da ist, lohnt es, sie anzuschauen, es gibt einen Überblick über die 20 Jahres des Schaffens von Gianni Versace (nicht die heutige Marke, das ist bei Jil Sander in Frankfurt ähnlich), mehr aber nicht. Die Informationen sind mehr als dürftig. Gefallen tun mir die Stücke nicht, ich fand sie eher interessant. Schnitttechnisch allerdings konventionell, eher öde, sie leben vom Reichtum des Stoffdrucks. Ich weiß nicht, ob Gianni Versace hier maßgeblich gestaltet hat, es hätte mich interessiert, dazu gab es keine Informationen.
Spannend zum Nacharbeiten die Hose mit den Volants unten, das kommt bestimmt bald wieder, wo es doch haufenweise Volants an Ärmeln gibt. Der Karomix gefiel mir, das Bouclekleid hatte interessante Teilungsnähte, leider nicht erkennbar und die groben Kurzpullover zum Lederrock fand ich spannend, aber eigentlich tragen das heute viele Teenager und kaufen es möglicherweise bei Primark.
Mein Fazit: ein Vormittag, der o.k. war, wer sich interessiert, soll reingehen, eine Reise dafür extra nach Berlin lohnt definitiv nicht. Und tatsächlich sehe ich die Jil Sander Ausstellung in einem anderen Licht und würde sie wirklich, wirklich empfehlen. Am letzten Samstag im Monat kann man sogar gratis rein, es gibt gratis Schließfächer und Garderobe, während im Kronprinzenpalais 14 Euro plus Garderobe fällig werden.
Viele Grüße, Anja
Herzlichen Dank für Deinen Ausstellungsbericht. Die Berliner Tageszeitungen waren gegenüber der Ausstellung auch eher verhalten. LG Manuela
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