Im Textilmuseum in Prato hat mich die Kimonoausstellung sehr fasziniert. Insbesondere konnte man sich die Konstruktion und die Schnitte der Kimonos anschauen, sie sind anders als das, was bei uns oft als Kimono bezeichnet wird.
Hier eine Seitenansicht und eine schräge Vorderansicht, wenn ihr auf die Ärmel und die offenen Stellen daran achtet, seht ihr, was ich meine:
Am Tag vor dem Museumsbesuch habe ich ein Reststück (ca. 130 cm) eines grob gewebten Stoffes mit einer (unten geschlossenen) Fransenkante gekauft. Die andere Webkante war normal. Weich und mollig, tolle Farben, als Tuch, Überwurf, Poncho geeignet. Ich hatte noch keinen Plan, aber bei 20 Euro wollte ich den Stoff nicht im Laden lassen.
Der Stoff war sehr voluminös, so dass klar war, ich muss ihn im Flugzeug anziehen, unterziehen, zumindest überwerfen. Da ich im
Nähkurs mit all meinen geplanten Projekten nach 3 Tagen fertig war, habe ich mich an Tag 4 dem Stoff gewidmet. Ich hatte kein Schnittmuster, dachte an die Kimonos aus der Ausstellung und mir schien die Stoffmenge dafür ausreichend.
Ich habe mit der gesamten Länge gearbeitet und das Stoffstück quer zum Fadenlauf genommen, die Fransenwebkante also unten als Jackenabschluss. Für den Ausschnitt vorne und hinten ein- bzw. abgeschnitten, für die Ärmel habe ich die halbe vorgesehen Ärmelbreite einfach an der ausgemessenen Stelle in die Stoffbahn geschnitten. Die Jacke war dann etwas zu weit, hat sich vermutlich gedehnt, so dass ich hinten noch eine Kellerfalte mittig eingefügt habe. Die Seiten sind eingeschlagen, kein Beleg, alles mit sehr breitem Zickzack vernäht, in dem Muster sieht man den Stich nicht.
Für die Ärmel habe ich an der anderen Langseite mit der Webkante das Stoffstück genommen, das nach der Ermittlung der Jackenlänge übrig war und versucht wie in den Bildern oben am Ärmeleinschnitt etwas überhängen zu lassen. Die Ärmel sind einfache Rechtecke, die Webkante bildet den Abschluss unten. Mein Stoffstück hätte - um die Optik wie in der Ausstellung zu erzielen - breiter sein müssen, aber es hat auch so funktioniert.
Ich hoffe, die Konstruktion ist einigermaßen verständlich erklärt. Leider habe ich keine Zeichnungen.
Ich habe zum ersten Mal direkt auf dem Zuschneidetisch mit Schneiderkreide und Breitem Winkel gearbeitet, kein Papierschnittmuster, die anderen Kursteilnehmerinnen guckten erst etwas verwundert, aber bei so einem einfachen Schnitt, der quasi nur aus Rechtecken besteht, geht das aus meiner Sicht.
Von zwei weiteren kleinen Rechtecken habe ich nachträglich Taschen aufgesetzt. No Waste. Die zusammen genähte Fransenkante unten habe ich nach einigen Tagen abgeschnitten. Ich bin nämlich mit der Kante ständig hängen geblieben (beim Einsteigen im Flugzeug im Gang mussten mindestens 3 Mal Leute hinter mir helfen, mich aus den seitlichen Armlehnen zu befreien), zuhause wurde es nicht besser. Also weg damit. Aus dem abgeschnittenen Stück ist ein Bindegürtel geworden. Der ist leider nicht mit auf dem Foto und eigentlich verwende ich ihn auch nicht. Unten noch eine Rückansicht und Bilder in Bewegung, die Fransen schwingen wunderbar mit.
Kimonos haben zwar eigentlich einen viel größeren anders geformten und kontrastierenden Bindegürtel, von den Originalen aus der Ausstellung habe ich kein Foto, es ging dort tatsächlich primär um die Kimonos, deren Stoffe und die Mustervielfalt.
Zusammenfassung:
Schwierigkeitsgrad: ganz einfach, ganz schnell
Zeitaufwand: Konstruktion, Zuschnitt, Nähen insgesamt 4 Stunden
Kosten: 20 Euro für den Stoffrest, Nähgarn aus dem Materiallager
Verlinkt beim
Dezember Me Made Mittwoch. Abschließend möchte ich mich noch beim Team bedanken, das sie jeden Monat den Me Made Mittwoch organisieren, dazu die Sew Alongs, das sind für mich definitiv Highlights im Nähleben. Merci auch an alle Leserinnen, ich freue mich immer über Kommentare, am Me Made Mittwoch sind es immer besonders viele, aber dennoch will ich mir nicht die Posts aufsparen.
Somit ist jetzt auch alles in der letzten Zeit Genähte verbloggt und ich blättere selbst manchmal gerne in den alten Posts, vor allem dann, wenn ich merke, die Kombinationen sind schon alt und immer noch gerne getragen. So, wie heute, wo ich die Jacke mit dem
roten Kleid aus 2018 trage, damals hätte ich nicht gedacht, wie vielseitig es sich erweisen wird.
Wunderbare Wintergrüße, ich liebe den Schnee, in den ich hoffentlich morgen nochmal fahre.
Anja