Dienstag, 28. November 2023

Textil- und Nähreise Toskana - Teil 5 - ZicnZac/Burdastyle Nähkurs

Mittwochs bin ich dann von Prato nach San Casciano weiter gefahren. Ich hatte mich bereits im Frühjahr für die Nähreise angemeldet und relativ bald auch eine Bestätigung bekommen, dass genug Teilnehmer zusammen kommen und der Termin stattfindet. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, früh einen günstigen Flug zu buchen. Mit dem Hund nehmen wir immer den Nachtzug über München nach Italien, aber diesmal wollte ich Zeit sparen. 

Die maximale Teilnehmerzahl liegt bei 8, diese Gruppengröße fand ich auch perfekt, damit jeder die Möglichkeit hat, sich bei der Kursleitung Beratung zu holen und man sich untereinander gut kennen lernt. Die Teilnehmerinnen waren alle in meinem Alter (bisher haben ein oder zwei Mal unter 30jährige teilgenommen, Männer noch nie), hatten unterschiedliche Näherfahrung, von fast Anfänger über Wiedereinsteiger bis hin zu nahezu Profi. Insofern divergierten auch die Projekte, die jede sich vorgenommen hatte. Drei Teilnehmerinnen hatten ihre Partner dabei, die die Tage mit Fotografieren, Kochkurs, Toskanabesichtigungen verbracht haben und manchmal zum Abendessen in unterschiedlicher Konstellation zur Gruppe stießen.

Das ganze Equipment ist im hellen und ausreichend großen Kursraum vorhanden (am letzten Tag habe ich noch aus einem frisch gekauften Stoff mit Schneiderwinkel, Bogenlineal und Kreide den "Kimono" konstruiert, das ist definitv einfacher als mit normalem Lineal und Geodreieck). Ich habe also nur meine Stoffe (in meinem Fall vorher zugeschnitten, es gibt aber tolle höhenverstellbare Zuschneidetische), mein Garn und die D-Ringe mitgebracht. Untergebracht war ich mit 5 anderen Teilnehmerinnen in einem kleinen Hotel, quasi um die Ecke, aber in San Casciano sind die Entfernungen nie weit. Zwei Paare hatten sich für Appartments entschieden. Im Hotel gab es auch eine Lounge und eine kleine Teeküche.

Der Nähraum grenzt an einen alten Wachturm, San Casciano ist eine typisch italienische Kleinstadt, in der es alles gibt, auch Konzerte, Kino, mehrere Restaurants, Bars,  Läden, Spazierwege und, was ich wiederum schätze, nahezu keinen Tourismus (ich war im November, aber angeblich verlaufen sich auch in anderen Jahreszeiten selten Touristen dorthin), denn andere Orte in der Umgebung sind bekannter. Außerdem eine gute Busanbindung nach Florenz und schlechtere Busanbindung Richtung Greve/Poggibonsi. Ich bin nur jeweils vor und nach dem Aufenthalt einen Tag in Florenz gewesen. Finde es aber ziemlich gut, dass die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfach möglich ist.



Ich habe in der Woche gemerkt, dass ich doch bereits auf einem hohen Niveau nähe und nicht soviel Hilfe brauche. Irgendwie wurschtele ich mich letztendlich immer gut mit Anleitungen, Videos usw. durch. An meinem mir bekannten grundsätzlichen "Problem", ich neige nicht zum Perfektionismus und finde es nicht schlimm, wenn eine Naht schief ist und das Innenleben des Kleidungsstücks nur so lala aussieht, arbeite ich inzwischen nicht mehr, ich habe akzeptiert, dass ich schnell nähe, aber nicht so perfekt wie Andere. Ich möchte etwas Schönes, Besonderes, Tragbares nähen und das funktioniert inzwischen gut.

Mein größtes Problem war die ungewohnte Nähmaschine. Erst am vorletzten Tag konnte ich alleine sicher Faden aufspulen und Garn einfädeln. Die Maschine war sehr leise, aber auch viel langsamer (selbst in der schnellsten Einstellung) als meine alte Privileg aus den70er Jahren zuhause. Rückwärtsnähen war nervig, ich musste höllisch aufpassen, die Taste korrekt zu drücken, aber irgendwann klappte es dann auch. Vorausschauend habe ich an Tag 1 einen einfachen Strickrolli genäht, um mich an die Maschine zu gewöhnen. Das danach entstandene Cividini Seidenkleid ist bereits verbloggt, ich habe lediglich den Rollsaum zu Hause genäht, weil es kein Nähfüßchen dafür gab. Ich bin auch froh, dass ich nicht das Leder für den Rock mitgenommen habe, bin mir nicht sicher, ob die Maschine dafür geeignet gewesen wäre. Meine näht ja sehr zuverlässig absolut alles, auch viele Lagen übereinander.

Ich habe gegen Ende des Kurses auch ein Skiunterhemd aus Merino auf einer Overlock genäht, das sieht erstmal total professionell aus, zum Versäubern stelle ich mir so eine Maschine auch super vor. Aber letztendlich komme ich doch gut ohne zurecht. Zumindest hatte ich im Kurs die Gelegenheit, eine derartige Maschinen auszuprobieren.

Es gab auch anderes Equipment zum Ausprobierten: besondere besser haftende Stecknadeln, ziemlich cool, die anderen dort üblichen Stecknadeln mit kleinem Metallkopf wie bei meiner Mutter fand ich schwieriger in der Handhabung als die mit dem Plastikkopf.

Offiziell ging der Kurs von 9 bis 14 Uhr, aber die Teilnehmerinnen haben sich Schlüssel für den Raum geteilt, so dass es möglich war, mittags (bei wärmendem Sonnenschein) eine längere Pause zu machen (ich bin zwei Mal wandern gegangen) und am Nachmittag weiter zu arbeiten. Abends sind wir immer in unterschiedlicher Konstellation essen gegangen. Die Gastronomie in San Casciano ist der Knüller (preisgünstig noch dazu). Theoretisch wäre es auch möglich, nach Florenz zu fahren, allerdings braucht der Bus im dichten Verkehr meist länger als der Fahrplan sagt und fährt nicht direkt ins Zentrum. San Casciano bietet aus meiner Sicht genug, um dort 4 Tage zu verbringen.


Hier ein Einblick in das Städtchen, im November sind die Nächte kühl, mittags kann es aber sommerlich warm werden (vor 1! Woche habe ich meine Pizza noch draußen in der Sonne gegessen, diesen Blogpost schreibe ich bei gruseligem Schneeregen draußen):

Und die direkte Umgebung, typisch Toskana, Frühnebel inklusive. Bei uns sind die Blätter am Wein schon abgefallen, hier noch gelbgrün, außerdem konnte man die Olivenernte beobachten:
Die ganze Reise, ich war 5 Tage alleine unterwegs und dann 5 Tage beim Nähen, hat mir total viel Spaß gemacht, ein wundervoller Urlaub. Mir gefiel es besser als die AnNäherung, bei der ich letzten November war, wo ich nur genäht habe und nach 2,5 Tagen erledigt nach Hause kam. Natürlich liegt es an jedem selbst, was man macht, aber wenn alle ständig bis in die Nacht nähen und das Essen in Kantinenform eingenommen wird, ist weniger Zeit/Freizeit für Kennenlernen und Austausch, zumal die Gruppengröße höher lag. Die Transportthematik ist natürlich auch ein Punkt. Jetzt komme ich mit den Nähmaschinen in San Casciano zurecht, ich kann mir gut vorstellen, dort nochmal Urlaub zu machen.

Viele Grüße, Anja


3 Kommentare:

  1. Ich finde deine Beschreibungen sehr einladend, schön dass du uns auf deinen Ausflug mitgenommen hast. Ich bin echt überrascht und beeindruckt, dass du ohne Overlock nähst, die ist für mich echt essentiell (obwohl ich ja deutlich mehr Webware als Stricks vernähe). Mit ging's auf dem Nähtreffen dieses Wochenende auch so, es ist immer spannend andere Dinge auszuprobieren. Ich habe für mich mitgenommen, ich brauche eine Lassonadel und einen Oberfußtransport.
    Grüße, Tina

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  2. Ah, ich sehe es, ich habe nicht mal die Einfädelhilfe der Maschine genutzt, sondern per Hand eingefädelt, ich bin wohl doch zu alt oder zu unmodern, lg Anja

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